#foodporn: Essen als Selbstinszenierung
Berlin (dpa) - Das saftige Stück Fleisch, der schaumige Frucht-Shake oder ein in bunten Farben leuchtender Sommersalat: Fotos von Essen sind im Internet überall zu sehen. Unter dem Hashtag #foodporn findet man alleine auf Instagram um die 92 Millionen Bilder.
Aber warum stellen so viele Menschen so etwas Alltägliches wie Essen online? Trendforscher sprechen von einem Zeitgeistphänomen und einer neuen Form der Individualität. US-Wissenschaftler sind sogar der Ansicht, dass fotografiertes Essen als leckerer empfunden wird. Allerdings kann die Verbreitung mancher Bilder auch zu rechtlichen Problemen führen.
Laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov haben 61 Prozent der Deutschen schon mal ihr Essen abgelichtet. Mehr als die Hälfte von ihnen (55 Prozent) machte ein Bild von Speisen, die sie selbst zubereitet haben. 44 Prozent fotografierten Essen im Restaurant, das besonders gut aussah oder schmeckte. Jeder Dritte dokumentierte per Kamera Kulinarisches auf Reisen. Immerhin jeder vierte Essensfotograf veröffentlichte das Bild im Anschluss in Sozialen Netzwerken.
Besonders beliebt im Internet sind dabei Hashtags wie #foodlove, #foodorgasm oder natürlich #foodporn. Der Begriff steht aber nicht nur für die oft glamourös und spektakulär in Szene gesetzten Bilder, er bezeichnet auch den gesamten Trend.
„Foodporn beschreibt ein Phänomen, dass Menschen sich über das, was sie essen, darstellen und nach außen kommunizieren“, erklärte die österreichische Trendforscherin Hanni Rützler vor einiger Zeit im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Essen ist wirklich zu einem Phänomen geworden, mit dem man die eigenen Werte, Vorlieben und Orientierungsgrößen kommunizieren kann.“ Es sei ein „wunderbares Mittel, Individualität auszudrücken.
Während einst die gemeinsame Essenstafel für soziale Kommunikation sorgte und ein Miteinander schuf, vernetzen sich die Menschen heute also über Social Media und kreieren ein neues Gemeinschaftsgefühl. „Früher waren es Mode-Codes oder bestimmte Musikstile, mit denen man seine Individualität und zugleich seine Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppierungen zum Ausdruck brachte. Heute ist es Essen und Trinken“, sagt Rützler.
Und wie kommt die online verbreitete Food-Fotografie bei andern Nutzern an? Der YouGov-Umfrage zufolge ist die Meinung gespalten. Während 43 Prozent der Befragten davon inspiriert werden, finden 40 Prozent diese im Allgemeinen nervig. Mehr als die Hälfte der Befragten denkt, dass solche Fotos vor allem der Selbstdarstellung dienen.
Jedoch wollen US-Forscher kürzlich sogar rausgefunden haben, dass vorab fotografierte Speisen sogar besser schmecken. Laut der Studie des „Journal of Consumer Marketing“ wird das Essen als leckerer empfunden. Die Fotografen setzten sich damit auseinander, was auf ihrem Teller ist, indem sie es für das optimale Foto in Szene rückten, heißt es in einem Bericht des „New York Magazine“. Dadurch würden auch Appetit und Vorfreude gesteigert.
Was beim Fotografieren jedoch kaum jemand bedenkt: Theoretisch kann das Ablichten eines sehr raffiniert arrangierten Gerichts - etwa in einem Sterne-Restaurant - zu rechtlichen Problemen führen. „Es ist nicht auszuschließen, dass besonders eigentümlich und aufwendig gestaltete Speisen Urheberrechtsschutz genießen“, sagt der Hamburger Fachanwalt für Urheber und Medienrecht, Professor Stefan Engels, der dpa. „Dann darf man Fotografien von diesen nicht ohne weiteres vervielfältigen und verbreiten. Das ist ähnlich wie bei einem Kunstwerk.“ Man müsse dann zunächst den Schöpfer des Werks um Erlaubnis fragen.