Beliebte Spielserie Frisches Essen aus alten Zutaten: „Resident Evil 7“ im Test
Berlin/Hamburg (dpa/tmn) - Ein düsteres Herrenhaus im Wald, ein scheinbar verlassener Flur - und plötzlich springt ein tollwütiger Hund durchs Fenster. Es gibt nur wenige Szenen in der Welt der Videospiele mit ähnlichem Legendenstatus wie dieser Moment im allerersten „Resident Evil“.
Wer ihn einmal erlebt hat, wird den Schock und das Spiel dazu so schnell nicht wieder vergessen. „Resident Evil“ ist eine der einflussreichsten Spieleserien überhaupt, nicht nur wegen dieser Szene: Teil 1 ist einer der Urahnen des Horrorgenres, mit unzähligen Nachahmern. Und das radikal runderneuerte, deutlich actionreichere „Resident Evil 4“ gilt sogar als eines der besten Spiele aller Zeiten, dessen Ideen bis heute in vielen Titeln auftauchen. Dazu gab es unzählige Ableger und Neuauflagen, eine mittelmäßig erfolgreiche Filmreihe, aber auch viel Schrott. Dazu gehört vor allem das teuer produzierte, aber spielerisch enttäuschende „Resident Evil 6“.
Kein Wunder, dass Publisher Capcom für „Resident Evil 7 Biohazard“ auf die Reset-Taste drückt. „Wir wollten zu den Wurzeln von „Resident Evil“ zurückkehren, das Spiel aber gleichzeitig für heutige Spieler und ihre Erwartungen aktualisieren“, sagt Chefentwickler Koshi Nakanishi. Das Ergebnis ist gelungen: Statt Nonstop-Geballer und Action gibt es langsam aufgebaute Spannung und echten Grusel.
Dazu kommt ein zumindest für „Resident Evil“ neues Szenario rund um ein verlassenes Haus irgendwo in den Sümpfen der US-Südstaaten und die komplett wahnsinnige Familie, die dort haust. Auch der Held ist neu: Ethan ist auf der Suche nach seiner spurlos verschwundenen Frau Mia - mehr weiß der Spieler kaum über ihn. Sogar wie Ethan aussieht, bleibt unklar. Denn Teil 7 ist der erste echte „Resident Evil“-Titel, der komplett aus der Ego-Perspektive gespielt wird.
Die neue Perspektive ist nicht bloß eine kosmetische Änderung, sondern hat echte Konsequenzen. „Das gibt uns viel mehr Möglichkeiten“, sagt Nakanishi. „Schließlich sieht der Spieler so nur das, was direkt vor ihm ist.“ Immer wieder spielen die Entwickler damit, etwa wenn sich Feinde plötzlich anschleichen oder Bewegungen nur aus dem Augenwinkel wahrnehmbar sind. Wer mag, kann das Ganze sogar komplett in Virtueller Realität erleben - zu Beginn allerdings nur mit Playstation VR.
Für Zartbesaitete ist das allerdings nichts. Denn schon auf einem Fernseher ist „Resident Evil“ über weite Strecken extrem intensiv. Was auch an dem hohen Gewalt- und Ekelfaktor liegt, vor allem aber an der gekonnt aufgebauten Spannung. Denn im Gegensatz zu anderen Protagonisten der „Resident Evil“-Serie, die selbst Horden von Zombies locker ausschalten, ist Ethan kein Superheld - weglaufen und verstecken ist oft die beste Strategie.
An dieser Stelle ist „Resident Evil 7“ klar von aktuellen Horrorspielen wie „Outlast“ oder „Amnesia“ inspiriert, das gibt auch Entwickler Nakanishi zu. „Natürlich haben wir uns solche Spiele angeschaut“, sagt er. Im Gegensatz zu den Vorbildern ist Ethan allerdings nie ganz wehrlos - zumindest die etwas schwächeren Monster hält er sich mit Pistole, Schrotflinte oder Flammenwerfer vom Leib.
Die gewalttätigen Mitglieder der Familie Baker, die Ethan durch ihr Anwesen jagen und oft in den ungünstigsten Momenten um die Ecke biegen, lassen sich mit Waffengewalt dagegen kaum stoppen. Selbst Feuer und Explosionen machen ihnen nichts aus. Warum das so ist, wird im Verlauf der Geschichte erklärt. Die Duelle mit den schier unverwundbaren Bakers, die der Spieler oft nur durch kreatives Denken gewinnen kann, sind aber absolute Highlight des Spiels.
In „Resident Evil 7“ wird allerdings nicht nur geschlichen und geschossen. Genau wie in den frühen Episoden der Serie gibt es auch zahlreiche Rätsel zu lösen. Die sind manchmal simpel, manchmal überraschend knifflig. Der ständige Wechsel aus Spannung, Rätselei und Ballerei gelingt „Resident Evil 7“ fast bis zum Schluss. Nur ganz am Ende kippt die Balance etwas zu sehr in Richtung Daueraction.
Bis dahin bietet das Horrorspiel spannende, abwechslungsreiche Unterhaltung - und das für Fans der Serie und Neueinsteiger gleichermaßen. Denn die Geschichte um Ethan, Mia und das düstere Geheimnis der Familie Baker ist zwar Teil der übergreifenden „Resident Evil“-Story, funktioniert aber auch unabhängig davon. Erwachsen sollten Spieler allerdings sein, denn das Horrorspiel ist völlig zu recht erst ab 18 Jahren freigegeben.