Geduldig sein und mit Effekten sparen - Videos schneiden
Berlin (dpa/tmn) - Viele Hobbyfilmer kennen das: Die Bilder mit der Kamera einzufangen, macht großen Spaß. Zu Hause am Computer kommt dann der große Frust beim Schneiden des Videomaterials. Aber was ist der Grund?
Berlin (dpa/tmn) - Viele Hobbyfilmer kennen das: Die Bilder mit der Kamera einzufangen, macht großen Spaß. Zu Hause am Computer kommt dann der große Frust beim Schneiden des Videomaterials. Aber was ist der Grund?
„Eine Blockade bei vielen Videolaien, da oft große Unwissenheit darüber herrscht, wie nach dem Filmen überhaupt weiter vorgegangen wird“, sagt Mike Friedrich. Häufig bleibt das Videomaterial am Ende unbearbeitet auf der Festplatte liegen. Der Cutter und Kameramann aus Berlin gibt aber Entwarnung: „Keiner dreht fertige Videos, die nicht bearbeitet werden müssen.“ Und: Mit etwas Vorbereitung kommt es erst gar nicht zur Frustblockade.
Bevor das Schnittprogramm überhaupt gestartet wird, rät der Experte, muss zuerst das Material gesichtet werden. Dabei wird eine Liste aller gedrehten Einstellungen angelegt. Das kann dann beispielsweise der Strandspaziergang vor dem Bad im Meer oder dem Ausklang an der Cocktailbar sein. Anhand dieser Liste wird entschieden, welche Szenen es in den Film schaffen. Eine zentrale Frage dabei: Wem soll der Film überhaupt gezeigt werden? Auch die Geschichte, die der fertige Film erzählen soll, muss im Kopf schon mehr oder weniger konkret vorhanden sein, rät TV-Cutter Axel Rogge.
Für ein Urlaubsvideo braucht es dabei andere Bilder als für den Internet-Action-Clip. Das Material muss also gut sortiert werden. Ein Phänomen dabei ist, das man sich partout nicht von seinem geliebten Videomaterial trennen kann. Friedrich rät daher: „Kill your Darlings“. Heißt konkret: Vor dem Schnitt muss klar sein, welche Bilder rausfliegen. Beim Aussortieren von Szenen hilft es auch, auf den Ton zu achten. „Er ist extrem wichtig, wird im Schnitt aber meistens nicht beachtet“, sagt Friedrich.
Auch Stefan Korol von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg legt hohen Wert auf gute Vertonung eines Films. „Der Zuschauer ist fasziniert von Atmosphäre“, sagt er. „Musik ist in Videos nur ein Hilfsmittel.“ Er setzt auf echte Klänge. Ein Brandungsrauschen in einer Meeresbucht wirkt in einem Urlaubsvideo realistischer als ein Musikstück. Typischer Anfängerfehler: im Schnitt unter den ganzen Film einfach ein tragendes Musikstück zu legen und den Originalton des Videos zu entfernen. Die Verwendung von Musikstücken kann auch nach hinten losgehen: Kommerzielle Musik ist urheberrechtlich geschützt, und dieses Recht wird von den Plattenfirmen auch im Internet verfolgt. Den Lieblingssong in die Tonspur des Youtube-Videos zu packen, kann schnell teuer werden. Die sichere Alternative: im Netz nach „GEMA-freier Musik“ suchen.
Aber das wahre Geheimnis ist die richtige Mischung von Musik und Originalton. Ein Hilfsmittel an der Kamera kann dabei der Einsatz eines externen Richtmikrofons sein, denn die Tonqualität ist damit deutlich besser als bei den eingebauten Mikrofonen. Neben dem eigentlichen Dreh kann das Rauschen der Bucht dann separat aufgezeichnet und unter die Videobilder gelegt werden.
Für abwechslungsreichere Bilder empfiehlt Korol die Aufzeichnung neutraler Szenen - etwa Bilder von Zuschauern am Strand, die einem Windsurfer zusehen, wenn dieser vorher im Bild war und in Aktion gezeigt wurde. Sein Rat: Beim Dreh auch auf die sogenannten Gegenschüsse achten, Bilder also ohne Protagonisten oder Bewegungen, wie eben die Zuschauer. Beim Zusammenschneiden der Szenen rät der Dozent, keine Effekte zu verwenden. So wirken kurze Schnitte und schnelle Wechsel der Perspektiven deutlich natürlicher als Effekte wie Blitze, Blenden oder Zeitraffer der Schnittsoftware.
Die optimale Länge einer Schnittsequenz liegt laut Cutter Rogge irgendwo zwischen einer Sekunde und schon recht langen vier Sekunden. Damit das Rohmaterial genug Auswahl bietet, rät er, Einstellungen großzügig zu filmen. „Ruhig mal eine Einstellung mehrere Sekunden lang stehen lassen und vor einem Schwenk oder Zoom die Kamera still laufen lassen“, sagt Rogge. Im Schnitt kann dann leicht gekürzt werden, und es gibt keine verwackelten Bilder.
Eines darf man aber nicht vergessen. Aller Anfang ist schwer, mit der Zeit und mehr Erfahrung macht der Videoschnitt immer mehr Spaß und geht leichter von der Hand. „Gut zu schneiden lernt man leider auch erst im Schnitt“, sagt Rogge und rät Anfängern zur Geduld. Auch an die Bedienung der Schnittsoftware gewöhnt man sich erst mit der Zeit. „Schneiden“, so sagt Rogge, „ist wie Klavierspielen“.