Hauptsache hart? Was schwere Spiele so populär macht

Berlin (dpa/tmn) - Ein düsteres Schloss auf einem Berg, ein einsamer Held mit Schwert und Schild. Hinter jeder Ecke lauern Monster, die das Heldenleben in Windeseile beenden - wenn der Spieler nicht höllisch aufpasst.

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Wer „Dark Souls“ zum ersten Mal sieht, mag es für ein Spiel für Masochisten halten.

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Fans bietet die düstere Rollenspielserie dagegen ein Erlebnis, das sie anderswo nicht finden. Und das nicht trotz, sondern wegen des hohen Schwierigkeitsgrads.

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Neben der aktuellen Episode „Dark Souls 3“ gibt es zurzeit noch viele andere besonders schwere Spiele: Von den knallharten Taktikgefechten gegen böse Aliens in „XCOM 2“ über das Plattformgehüpfe von „Super Meat Boy“, das nur mit höchster Präzision zu schaffen ist, bis hin zu Survival-Simulationen wie „Ark“ oder „Dust“, in denen jeder Fehltritt stundenlange Arbeit zunichte machen kann.

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Warum sind solche schweren Spiele so beliebt? „Das hat sicher auch mit Ehrgeiz zu tun“, sagt Ralf Hebecker, Professor für Gamedesign und -produktion an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. „Erfolg bedeutet in schweren Spielen wieder etwas, man erkämpft etwas, das andere nicht haben - das ist immer reizvoll.“

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Gleichzeitig ist der Trend zur gesunden Härte aber auch eine Frage der Abgrenzung, glaubt er. Schließlich sind Videospiele heute kein exotisches Randgruppen-Hobby mehr: Vom Fünfjährigen bis zur Großmutter zockt heute jede Gesellschaftsschicht. „Für fortgeschrittene Spieler ist das eine willkommene Gelegenheit, sich von Gelegenheitsspielern abzugrenzen“, erklärt Hebecker den hohen Schwierigkeitsgrad von „Dark Souls“ und Konsorten.

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Schließlich sind solche Spiele nicht nur schwer, sie sind auch unzugänglich. „Die Spieler werden unvorbereitet und ohne große Tutorials einfach hineingeworfen“, erklärt Niels Boehnke von der Stiftung Digitale Spielekultur das Prinzip. „„Dark Souls“ traut dem Spieler da viel Reflexion und Frustrationstoleranz zu.“ Ähnliches gilt zum Beispiel auch für die Taktikschlachten von „Dota 2“ und „League of Legends“: Bis Anfänger hier mit erfahrenen Spielern halbwegs mithalten können, vergeht jede Menge Zeit. Populär sind die Titel aber trotzdem - oder gerade deshalb.

Boehnke hält das für eine Reaktion: „Entwickler haben Anforderungen in den vergangenen Jahren gesenkt, das hat die Spiele zugänglicher gemacht.“ Einerseits eine gute Entwicklung - manche Spielemacher hätten es mit der Einfachheit aber etwas übertrieben. „Man wird wie ein Zirkuspferd durch die Manege geführt, es wirkt fast so, als würde sich das Spiel selbst spielen“, so Boehnke.

Spiele wie die aktuelle „Batman“-Serie blenden zum Beispiel auch nach zehn Stunden Spielzeit noch die Tastenkombination für den nächsten Angriff ein. Kein Wunder, dass viele Zocker sich da unterfordert fühlen. „Schwierigkeit ist bei vielen Spielen rausgeflogen und durch Zugänglichkeit um jeden Preis ersetzt worden“, schreibt Edmund McMillen, Entwickler von „Super Meat Boy“ im Entwicklermagazin „Gamasutra“. Die Herausforderung bleibe auf der Strecke.

Wer diese Form von Spielerlebnis selbst ausprobieren will, muss aber nicht gleich zu den richtig schweren Titeln greifen. Fürs Erste hilft es auch, in einem „normalen“ Spiel einfach den Schwierigkeitsgrad hochzuregeln. Bei den meisten Titeln ist das mitten im Spiel problemlos möglich - und lässt sich später auch wieder rückgängig machen. Und wer kein Zirkuspferd in der Manege mehr sein will, kann unabhängig vom Schwierigkeitsgrad oft Tutorials und andere Hilfestellungen abschalten. Sehr gut geht das zum Beispiel in „The Witcher 3“, auch die Reihe „Assassin's Creed“ ist in dieser Hinsicht vorbildlich.

Nur etwas für Experten ist der sogenannte Hardcore-Modus, den es inzwischen in vielen Spielen gibt: Damit gibt es nach dem virtuellen Tod der Spielfigur keinen Neustart - wer einmal versagt, fängt ganz von vorne an. Und wem auch das noch nicht schwer genug ist, der kann es auch machen wie „Dark Souls“-Fan Benjamin Gwin, der das Action-Rollenspiel auf der Plastikgitarre des Musikspiels „Rock Band“ durchgezockt hat. „Es gab schon immer erfahrene Spieler, die sich besondere Herausforderungen gesucht oder selbst gemacht haben“, sagt Ralf Hebecker dazu.

Umgekehrt gibt es aber auch Spieler, die auf den Stress schwerer Bosskämpfe und Hüpfpassagen keine Lust mehr haben. Das kann zum Beispiel eine Altersfrage sein, so Hebecker: „Die Reaktionszeit nimmt im Alter einfach ab. Mit Mitte 40 spielt man nicht mehr so schnell wie mit Anfang 20.“ Allerdings ist die Spielewelt inzwischen so vielschichtig, dass auch für solche Zocker gesorgt ist. Denn so wie besonders schwere Spiele gerade im Trend sind, gibt es auch Titel ganz ohne kniffliges Gameplay.

Von Spöttern werden Titel wie „Gone Home“ oder „Firewatch“ gerne „Walking Simulator“, also „Gehsimulator“ genannt. Und tatsächlich gibt es in den Titeln zwar eine virtuelle Welt zum Erkunden, aber keine Kämpfe und andere Gefahren. Im Mittelpunkt steht dagegen die Geschichte, die es zu erleben gilt. Ähnlich ist es auch in klassischen Adventures wie der „Deponia“-Serie oder den verschiedenen Serien des Entwicklers Telltale, darunter das Spiel zur TV-Serie „Game of Thrones“.

„Solche Spiele haben eher einen emotionalen oder intellektuellen Schwierigkeitsgrad“, sagt Niels Boehnke. „Die Herausforderung ist da zum Beispiel, sich auf das Erlebnis einzulassen oder die Handlung zu verstehen.“ Um die tragische Familiengeschichte von „Gone Home“ zu verstehen, ist zum Beispiel ein wenig Detektivarbeit nötig. Und das künstlerisch wertvolle Indie-Spektakel „Journey“ macht vor allem Spielern Spaß, die offen gegenüber neuen Ideen sind. Anspruchsvoll sind solche Titel also ebenfalls - nur halt ohne tödliche Monster.