Hewlett-Packard-Verwaltungsratschef schmeißt hin
Palo Alto (dpa) - Der weltgrößte Computerbauer Hewlett-Packard kommt einfach nicht zur Ruhe.
Der mächtige Chef des Verwaltungsrats, Ray Lane, tritt überraschend von seinem Amt zurück. Der Manager war mitverantwortlich für den Zukauf des Software-Anbieters Autonomy, der sich als Milliardengrab entpuppte. Der neue Wirbel ließ die HP-Aktie im frühen New Yorker Handel am Freitag um fast 2 Prozent fallen.
Die HP-Aktionäre hatten Lane zuletzt einen Denkzettel verpasst. Er war bei der Hauptversammlung im März nur mit der knappen Mehrheit von rund 59 Prozent wiedergewählt worden.
„Ich habe mich dazu entschieden, als amtierender Verwaltungsratschef zurückzutreten, um die derzeitige geschäftliche Wende von HP möglichst wenig zu belasten“, erklärte Lane am Donnerstag nach US-Börsenschluss.
Er bleibt allerdings einfaches Mitglied in dem höchsten Firmengremium. Zwei andere Mitglieder verlassen den Verwaltungsrat dagegen ganz: John Hammergren und Kennedy Thompson, die seit sechs beziehungsweise sieben Jahren in dem Gremium sitzen und wichtige Ausschüsse leiteten. Für sie wird nun genauso wie für den Vorsitzenden ein Ersatz gesucht.
Die Anteilseigner von HP sind verbittert, weil die Übernahme von Autonomy in einem Debakel endete. HP hatte das Unternehmen für rund 11 Milliarden Dollar geschluckt, schrieb später aber fast den gesamten Wert in den Wind.
Das HP-Management bezichtigt die frühere Autonomy-Führung, mit Buchungstricks den Preis in die Höhe getrieben zu haben. Der Verwaltungsrat als Kontrollgremium muss sich nun den Vorwurf gefallen lassen, bei der Buchprüfung geschlafen zu haben.
Vorläufig springt Ralph Whitworth als Verwaltungsratschef ein, bis ein endgültiger Kandidat gefunden ist. Die Personalie lässt aufhorchen: Whitworth gilt als aktivistischer Investor - das sind Aktionäre, die versuchen, einem Unternehmen ihren Willen aufzudrücken. Er hält über eine Gesellschaft HP-Aktien im Wert von 800 Millionen Dollar (618 Mio Euro). Whithworth wird auch Vorsitzender des wichtigen Finanzausschusses.
Der Chef des Verwaltungsrats ist die zweite starke Figur im Konzern. Die Führung der Geschäfte liegt bei Konzernchefin Meg Whitman. Whitworth stellte sich demonstrativ hinter sie und ihre Strategie. Whitman sei eine der „brillantesten Führungspersönlichkeiten“, die er kenne. Whitman war auf den deutschen Manager Léo Apotheker gefolgt, der die Autonomy-Übernahme eingefädelt hatte. Kurz darauf musste Apotheker gehen. Er wollte den traditionsreichen PC- und Drucker-Hersteller in Richtung Software umbauen. Der Autonomy-Zukauf sollte den Weg in die Zukunft weisen.
HP leidet darunter, dass Smartphones und Tablet-Computer dem klassischen PC den Rang ablaufen. Zuletzt schrumpften die Verkäufe. Der Rivale Dell kämpft mit den gleichen Problemen. Um ihn tobt gerade ein Übernahmekampf. Gründer und Chef Michael Dell will seine Firma zurückkaufen und von der Börse nehmen, doch es gibt Gegenbieter.
Um sich den neuen Realitäten zu stellen, baut Whitman bei HP groß um. Dabei bleiben 29 000 Mitarbeiter auf der Strecke, das ist fast jeder zehnte Beschäftigte. Erst Anfang Februar hatte HP verkündet, den Standort in Rüsselsheim zu schließen, was alleine 850 Jobs kostet. Insgesamt gehen in Deutschland 1300 von ehedem 10 300 Stellen verloren.