John McAfee wird 70: Software-Vorreiter, Schlitzohr, Draufgänger
Lexington (dpa) - Das Leben von John McAfee ist eine 70 Jahre lange Achterbahnfahrt: Ein Ex-Junkie, der die Antiviren-Branche mitgründete, damit steinreich wurde, angeblich alles wieder verlor und nach einem Mordverdacht wochenlang durch den Urwald floh.
Allein in den Wochen vor seinem 70. Geburtstag am 18. September sorgte McAfee zwei Mal für Schlagzeilen. Er kündigte eine Kandidatur für das Amt des US-Präsidenten an und wurde wegen Fahrens unter Einfluss von Medikamenten festgenommen. Dabei lieferte er sich nach eigenen Angaben auch noch einen kurzen Schusswechsel mit den Polizisten im Bundesstaat Tennessee. Er habe gedacht, dass seine Ex-Frau ihn gefunden habe, und deshalb das Feuer erwidert, war seine Erklärung.
McAfee passte nie in das Bild des typischen Software-Millionärs. Er wuchs in einem zerrütteten Haushalt auf, mit einem gewalttätigen Vater, der sich das Leben nahm, als er 15 Jahre alt war, wie McAfee einem Reporter des Magazins „Wired“ erzählte. Als Jugendlicher verkaufte McAfee mit einem Trick Zeitungs-Abos an der Türschwelle: Er behauptete, das Abonnement sei gratis - und holte die Kosten über eine angebliche Versand- und Bearbeitungsgebühr wieder herein. Bis 1983 konsumierte er große Mengen Kokain und Alkohol, seitdem ist er nach eigenen Angaben trocken.
Als er Mitte der 80er Programmierer beim Rüstungskonzern Lockheed war, hörte McAfee vom Computer-Virus „Brain“, geschrieben von zwei Brüdern aus Pakistan. McAfee kam die Idee, ein Programm zu schreiben, das „Brain“ entdecken konnte. Als einer der ersten erkannte er auch das große Geschäft dahinter. Er gründete bei sich zuhause die Firma McAfee Associates und überzeugte Unternehmen, seine Software auf ihren Computern zu installieren, für eine Lizenzgebühr.
Dabei trug McAfee gern dick auf. Er stopfte ein Wohnmobil mit Computern voll und fuhr damit bei den Kunden vor. Diese „mobile Virenbekämpfungseinheit“ sollte sie beeindrucken, war aber eher Show, wie McAfee später einräumte.
Legendär ist die Geschichte vom Virus Michelangelo Anfang der 90er Jahre. McAfee ließ sich damals in Medienberichten mit der Prognose zitieren, bis zu fünf Millionen Computer könnten dem Schad-Programm zum Opfer fallen. Am Ende wurden nur einige tausend Infektionen gemeldet, McAfee erklärte, er sei falsch zitiert worden - aber seine Firma verkaufte in dem Jahr sieben Millionen Software-Pakete. Der Fall schwächte jedoch das Vertrauen in die junge Branche und vor allem in den großspurigen McAfee-Gründer.
Nachdem McAfees Unternehmen in den 1990er Jahren an die Börse
ging, stieg er aus dem Unternehmen aus. Seit 2011 gehört das Unternehmen zu Intel Security. Für den Firmengründer hat sich der Ausstieg gelohnt. McAfees Vermögen wurde zeitweise auf mehr als 100 Millionen Dollar geschätzt. Einige Jahre lebte er das bürgerliche Leben eines angesehenen Software-Pioniers, bis ihm die Reichtümer wie Haus und Flugzeug zur Belastung wurden, wie er „Wired“ erzählte. Also zog es McAfee in das kleine mittelamerikanische Land Belize, in dem es Armut, Gewalt und Gangs gibt.
Dort wirbelte er viel Staub auf. Er baute sich ein bewachtes
Anwesen im Urwald auf, prahlte mit jungen Geliebten, versuchte, mit Waffengewalt für Ordnung im benachbarten Dorf zu sorgen. In einem Privatlabor ließ er zudem nach eigenen Angaben nach einem neuartigen pflanzlichen Antibiotikum forschen. Die Behörden schlossen eher eine Drogenproduktion nicht aus und schlugen im Frühjahr 2012 mit einer Razzia zu. Drogen fanden sie nicht, hoben aber jede Menge unerlaubt gehaltener Waffen aus.
Dann wurde McAfees Nachbar tot aufgefunden. McAfee beteuerte, nichts mit dem Mord zu tun zu haben. Aber als die Behörden ihn zu dem Fall befragen wollten, setzte sich McAfee ab. Wochenlang floh er quer durch Mittelamerika, bis er schließlich in Guatemala festgenommen wurde: Ein Reporter, der ihn begleitete, veröffentlichte im Internet aus Versehen ein Foto mit Geodaten. Von dort wurde McAfee in die USA abgeschoben, wo es zunächst etwas ruhiger um ihn wurde, bis auf gelegentliche TV-Auftritte und Geschichten von angeblichen Mordanschlägen. Über die „Cyber Party“, mit er im US-Präsidentenwahlkampf antreten wolle, weiß man bisher nicht viel. Nur dass sie gegen die Geheimdienst-Überwachung kämpfen solle.