Justizministerin weist Kritik von ACTA-Gegnern zurück
Hamburg/Warschau (dpa) - Angesichts zunehmenden Protests gegen das Handelsabkommens ACTA hat die Bundesregierung die Kritik von Bürgerrechtsaktivisten zurückgewiesen, die eine Einschränkung von Freiheitsrechten befürchten.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte am Dienstagabend in Hamburg, sie teile diese Bedenken nicht. Aus dem Abkommen lasse sich keine Aufforderung zur Veränderung der geltenden Rechtslage ableiten, in welche Richtung auch immer.
„Deshalb sehen wir es auch nicht so kritisch, wie es einige Initiativen sehen“, sagte die Ministerin. „Es enthält nicht die Möglichkeit, zum Beispiel Internetsperren oder Zugangsperren einzuführen.“ Auch bei der Auslegung des Patentschutzes gelte weiter der in der EU gültige Standard.
Das Handelsabkommen zur Abwehr von Fälschungen (ACTA, Anti-Counterfeiting Trade Agreement) wurde am Donnerstag vergangener Woche von der EU unterzeichnet. Die Unterschrift von Deutschland steht noch aus, soll aber nach Angaben des Bundesjustizministeriums demnächst nachgeholt werden. Nach der Unterzeichnung muss das Abkommen noch vom Europaparlament und den nationalen Parlamenten gebilligt werden.
Das nach Initiative der USA und Japans in mehrjährigen Verhandlungen 2011 fertiggestellte Abkommen sieht unter anderem vor, dass Internet-Anbieter für Urheberrechtsverletzungen von Kunden haftbar gemacht werden können. Kritiker sehen daher ACTA in einer Reihe mit Bestrebungen zur Verschärfung des Urheberrechts.
Die Piratenpartei kritisierte die Äußerungen Leutheusser-Schnarrenbergers. „Wenn die FDP weiterhin glaubhaft für Bürgerrechte eintreten will, muss diese Haltung dringend überdacht und revidiert werden“, erklärte der Pressesprecher der Partei, Christopher Lang. Es dränge sich sonst der Eindruck auf, dass die Verteidigung von Freiheitsrechten zugunsten von Lobby-Interessen aufgegeben werde. Zusammen mit anderen Initiativen ruft die Piratenpartei für den 11. Februar zu Demonstrationen gegen ACTA auf.
Auch in anderen europäischen Ländern soll es Protestaktionen geben. In Polen waren bereits in den vergangenen Wochen tausende ACTA-Gegner auf die Straße gegangen. Jetzt will Staatspräsident Bronislaw Komorowski das umstrittene Gesetz von der Ombudsfrau für Bürgerrechte prüfen lassen. Irena Lipowicz solle feststellen, ob das Gesetz Bürgerrechte verletzt, teilte die Präsidentenkanzlei am Mittwoch in Warschau mit. „Die Proteste im Internet und auf der Straße beweisen, dass ein bedeutender Teil vor allem der jungen Gesellschaft seine grundlegenden Rechte bedroht sieht“, sagte Komorowski.