Kabel mit Nebenwirkungen: Wenn Gift in Alltagstechnik lauert
Berlin (dpa/tmn) — Wenn eine Handyhülle wie eine Tankstelle riecht, sollten beim Käufer die Alarmglocken schrillen. Denn ungewöhnliche Gerüche können bei technischen Zubehör ein Hinweis auf Schadstoffe sein.
Allerdings macht sich nicht jedes Gift so deutlich bemerkbar.
Kopfhörerkabel, Handyschalen oder PC-Tastaturen kommen täglich in Kontakt mit der Haut. Umso wichtiger ist daher, dass sie keine gesundheitsschädlichen Chemikalien enthalten. Dass das keineswegs selbstverständlich ist, zeigt ein Test der Computerzeitschrift „c't“ (Ausgabe 5/2014): Viele Kunststoffteile der dabei überprüften Handyhüllen, Kabel, Mäuse, Ohrhörer oder Tastaturen sind mit bedenklichen und verbotenen Substanzen belastet.
„Die Situation bei Giftstoffen in solchen Gegenständen ist unübersichtlich“, sagt Johanna Wurbs vom Umweltbundesamt. Das Problem sei unter anderem, dass Messungen relativ teuer sind, besonders bei sehr hochpreisigen Produkten. Die Marktaufsicht - das sind in jedem Bundesland unterschiedliche Behörden - prüfe daher nur auf verbotene Stoffe. Nach Substanzen, die lediglich umstritten sind, wird dagegen höchstens punktuell gefahndet.
Was genau in einem Gegenstand aus Kunststoff enthalten ist, kann man also in der Regel nicht wissen. „Ausnahmen sind beispielsweise Lebensmittelkontaktmaterialien“, sagt Ralph Pirow vom Bundesinstitut für Risikobewertung. In solchen Produkten dürfen die Hersteller nur zugelassene und damit geprüfte Inhaltsstoffe verwenden.
Bei Technik, darunter auch die von der „c't“ getesteten Produkte, sind die Vorgaben weniger streng. In 8 der 21 getesteten Produkte fand das von der „c't“ beauftragte Labor Bureau Veritas verbotene Stoffe. 5 Produkte enthielten erlaubte, aber bedenkliche Substanzen, nur 8 Kandidaten wurden als unbedenklich oder eher unbedenklich eingestuft.
Getestet wurde auf drei Chemikalien, darunter Polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAK). Das sind Verunreinigungen, die bei der Gummiherstellung oder beim Färben mit Ruß in die Produkte gelangen. „PAK sind ganz klar krebserregend“, sagt Johanna Wurbs. Ab Dezember 2015 gilt deshalb für acht dieser Substanzen ein Grenzwert von einem Milligramm pro Kilogramm Produktgewicht.
Das betrifft aber nur Produkte mit direktem längerem oder wiederholtem Hautkontakt. Im „c't“-Test überschritten die Gummifüße einer Tastatur den Grenzwert zwar um das 534-fache. Vermutlich kommen die meisten Nutzer damit aber nur selten in Berührung. Was keinen Hautkontakt hat, ist deswegen aber nicht automatisch unproblematisch. Schließlich haben die belasteten Produkte auch einen langfristigen Einfluss, erklärt Johanna Wurbs, und gelangen so zum Beispiel in die Nahrungskette.
Weitere Beschränkungen für Chemikalien bringt die europäische REACH-Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals). Zurzeit müssen Hersteller und Importeure die Chemikalien, die sie benutzen, laut REACH registrieren. In einem mehrstufigen Verfahren werden sie dann gescannt und bei Gefährlichkeit zulassungspflichtig oder verboten.
Es sind also einige Regelwerke in Kraft, die Verbraucher vor gefährlichen Stoffen schützen sollen. Wie der Test der „c't“ zeigt, halten sich aber nicht alle Hersteller daran. Manchmal können Verbraucher wenigstens am Geruch erkennen, ob ein Produkt gefährliche Stoffe enthält: „PAK haben manchmal einen Tankstellengeruch, Phthalate können sogar fruchtig riechen“, sagt Johanna Wurbs. Schwermetalle seien dagegen geruchlos.
Hilfreich kann es außerdem sein, sich beim Kauf auf Markenprodukte zu beschränken. „Namhafte Firmen haben einen Ruf zu verlieren“, erklärt die Expertin. „Und je größer eine Firma ist, desto größer sind die Umweltabteilung und das Know-how. Man hat eher eine Sicherheit.“