Kritiker begrüßen Aus für Internetsperren-Gesetz
Berlin (dpa) - Die Kritiker des umstrittenen Gesetzes zu Internetsperren haben die Entscheidung des Koalitionsausschusses begrüßt, das sogenannte „Zugangserschwerungsgesetz“ endgültig zu kippen.
Kinderpornografische Darstellungen im Netz würden nun „weltweit direkt an der Quelle gelöscht, statt sie in Deutschland hinter Stoppschildern zu verstecken“, heißt es in einer Stellungnahme des Internet-Verbands eco vom Mittwoch. Das Aktionsbündnis „AK Zensur“ wertete die Entscheidung als einen „Erfolg für die Vernunft“. Die formelle Aufhebung sei „der einzig rechtsstaatlich saubere Schritt“. Der Arbeitskreis hatte Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingelegt.
„Sperren schützen die Täter und schaden den Opfern“, erklärte der Branchenverband eco. Nach Einschätzung der Piraten-Partei habe bei Sperren stets die Gefahr bestanden, dass das Internet nach wirtschaftlichen Interessen zensiert wird. „Wenn eine Infrastruktur erst einmal da ist, lässt sie sich beliebig auf alle Webseiten anwenden“, sagte der politische Geschäftsführer Christopher Lauer. Die Sperren seien ohnehin nur eine „symbolpolitische Maßnahme“ gewesen. Personen mit krimineller Energie hätten die Stoppschilder innerhalb von 30 Sekunden umgehen können. Zudem habe nicht ausgeschlossen werden können, dass Seiten auf den Index des BKA kämen, die gar nichts damit zu tun haben.
Das Argument, dass das Löschen von Bildern auf Servern im Ausland nicht erfolgreich sein könne, sei widerlegt, so der eco. Inzwischen sei mit Hilfe internationaler Netzwerke von Beschwerdestellen eine Erfolgsquote von mehr als 99 Prozent erreicht worden. Es sei deutlich gemacht worden, dass „Löschen statt sperren“ in der Praxis funktioniere, betont auch der AK Zensur.
Bund und Länder bräuchten jetzt allerdings eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung von Kinderpornografie, betonte der IT- Branchenverband Bitkom. „Dazu müssen neben der Löschung von Inhalten eine effektivere Ermittlungsarbeit und Täterverfolgung sowie ein umfassender Opferschutz gehören“, sagte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. „Für ein effektives Vorgehen sind auch internationale Kooperationen besonders wichtig.“
Die Bundesregierung muss nach Einschätzung des „Arbeitskreises Zensur“ nun umgehend das Aufhebungsgesetz vorlegen. „Erst danach ist eine endgültige Bewertung möglich.“ Internet-Sperren seien nicht nur bei der Novellierung des Glücksspiel-Staatsvertrags der Bundesländer im Gespräch. Auch die EU diskutiere über Zugangssperren.