Microsoft fotografiert Straßen in Deutschland

Unterschleißheim (dpa) - Microsoft bringt seinen Karten-Panoramadienst Bing Maps Streetside nun auch in Deutschland an den Start. Ab dem 9. Mai werden Kameraautos zunächst in Nürnberg, Fürth, Erlangen und Augsburg durch die Straßen fahren, kündigte Microsoft am Dienstag an.

Heftige Kritik von Datenschützern und Politikern, die sein Rivale Google mit dem Projekt Street View auf sich gezogen hat, will das Unternehmen allerdings tunlichst vermeiden. „Wir haben uns mit den Befahrungen und der Markteinführung in Deutschland bewusst Zeit genommen, um vorher intensiv mit Branchenverbänden, politischen Vertretern und Datenschützern zu sprechen“, sagte Microsoft-Manager Severin Löffler.

Trotz allen Streits um den Datenschutz zählen Panoramabilderdienste nach Angaben des Branchenverbands Bitkom inzwischen zu den meistgenutzten Internetdiensten. 32 Millionen Bundesbürger und damit fast jeder zweite Bürger in Deutschland (46 Prozent) ab 14 Jahren nutzten solche Dienste bereits. Unter den 30- bis 49-jährigen Internetnutzern verwendeten 68 Prozent die Dienste zum Beispiel für die Wohnungssuche oder der Auswahl eines Restaurants in der Nähe.

Die ersten Ansichten von Microsofts Streetside sollen voraussichtlich im Sommer online gestellt werden. In 18 Monaten sollen die Bilder von Kamerafahrten von insgesamt 50 Städten online stehen. Sein Unternehmen habe besonders darauf geachtet, dass die Live-Stellung transparent für die Bürger stattfindet, sagte Microsoft-Manager Olivier Blanchard.

Über eine Website, die kommenden Freitag online geschaltet werden soll, könne der Nutzer den detaillierten Fahrplan der Kameraautos sowie ausführliche Informationen für Hausbesitzer, Mieter und Geschäftsinhaber einsehen. Einen Widerspruch etwa gegen die Darstellung des eigenen Wohnhauses wolle Microsoft besonders einfach gestalten. Dafür sei lediglich die Angabe des Ortes und des Namens erforderlich, erklärte Blanchard. Bevor die Bilder ins Netz gestellt werden, ist der Widerspruch allerdings nicht möglich.

Beim Rivalen Google hatten die hiesigen Datenschützer dagegen strikt darauf gedrungen, dass die Nutzer noch vor der Freischaltung widersprechen konnten. Google hatte mit Street View nicht nur hierzulande eine Welle der Kritik ausgelöst. Microsoft hielt sich in der hitzigen Debatte bewusst zurück und nutzte unterdessen die Zeit, um den Start seines Dienstes vorzubereiten.

Es komme darauf an, den Prozess sowohl mit der Öffentlichkeit als auch mit Politik und Datenschützern einvernehmlich abzuklären, sagte Severin. Der Start in Bayern sei mit der Bayrischen Datenschutzaufsichtsbehörde in verbindlichen Gesprächen geklärt worden. Eine wesentliche Grundlage ist vor allem auch die Selbstverpflichtungserklärung der deutschen Wirtschaft, die auf der CeBIT in Hannover von Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer an den damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) übergeben wurde.

Darin verpflichten sich die unterzeichnenden Unternehmen, anhand einer von der Politik gezogenen Roten Linie bei neuen technologischen Produkten den Datenschutz zu gewährleisten. Enthalten ist vor allem auch ein Datenschutzkodex für Geodienste. „Der Kodex wird den Interessen der deutschen Konsumenten und der digitalen Wirtschaft gleichermaßen in vollem Umfang gerecht“, sagte Löffler.

Die Politik habe sich bewusst gegen Einzelfallgesetze entschieden und das Potenzial von Geodatendiensten erkannt, sagte de Maizière bei der Überreichung in Hannover. Die Aufregung um die Abbildung von Häuserfassaden in Googles Street View teilte er nicht. Häuserfassaden seien im übrigen „das Öffentlichste, was es überhaupt gibt“, sagte der Innenminister bei der Überreichung des Kodex. „De Maizière hat einen hervorragenden Grundstein gelegt“, sagte Severin. Anhaltspunkte, dass sich an diesem Fundament durch den neuen Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) etwas ändert, gebe es nicht.

Die Straßenaufnahmen von Microsoft werden auf Basis von Material des Kartenanbieters Navteq erstellt. Dabei habe man besondern Wert auf eine einfache Navigation gelegt. Mit spezieller Technologie werden auch hochauflösende und 3D-Aufnahmen erfassen. Anschließend sollen Hunderte Bilder zu einem nahtlosen 3D-Modell zusammengefasst werden. Damit sollen die Kartenansichten deutlich präziser sein.

Neben den 360-Grad-Bildern erfassen die Microsoft-Wagen auch die vor Ort vorhandenen Mobilfunknetze und die GPS-Daten für eine bessere Lokalisierung. Von den WLAN-Netzen erfasse Microsoft allerdings lediglich anonyme, nicht personenbezogene Daten wie die MAC-Adresse, die Signalstärke und den Funktyp der Geräte, betont Microsoft. Google hatte sich im vergangenen Sommer viel Ärger eingehandelt, nachdem herauskam, dass die Google-Fahrzeuge auch ungesicherte Daten aus privaten WLAN-Netzen erfasst hatten.