Mobbing im Internet: Wie man Infos aus dem Netz wegradieren kann
Rufmord im Internet ist ihr Geschäft: Eine ganze Branche hilft Betroffenen.
Düsseldorf. Wenn Herr A (Name durch die Redaktion nachträglich entfernt) seinen Namen im Internet eingibt, schlägt die Google-Suche die Stichworte „Nazi“ oder „Hitler“ vor. Ein bearbeitetes Bild zeigt ihn neben Adolf Hitler stehend. Der Fall des in Köln lebenden Jazz-Musikers ist ein drastisches Beispiel von Rufmord im Internet.
Nicht nur Jugendliche werden im Internet gemobbt. Zwölf Prozent der Erwachsenen, die in einem sozialen Netzwerk aktiv sind, waren Opfer von Mobbing oder Belästigung im Netz. Das geht aus einer Studie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik hervor.
Das Bundeskriminalamt verzeichnete 2010 zwar nur 6500 angezeigte Straftaten „mit dem Tatmittel Internet“, die in den Bereich der Beleidigung fallen. Experten gehen aber davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist.
„Das größte Problem besteht darin, solche Beleidigungen technisch zu unterbinden“, sagt Bettina Gayk, Pressesprecherin des NRW-Beauftragten für Datenschutz. Ein Verfallsdatum im Netz wird deshalb von Datenschützer gefordert. Doch Informationen verbreiten sich rasend schnell und sind schwer zu löschen.
Tatsächlich hat sich eine neue Branche entwickelt: Sogenannte Reputationsmanager helfen Rufmordopfern wie Herrn A, den Ruf im Netz wieder herzustellen.
Christian Scherg leitet seit 2007 die Firma „Revolvermänner“ in Düsseldorf. Zuvor arbeitete er beim Fernsehen. „Es gab negative Informationen über die Moderatoren, die auch nach Jahren noch bei Suchmaschinen als erstes angezeigt wurden — und so kam ich auf die Idee, Reputationsmanager zu werden“, sagt Scherg, der in erster Linie für Firmen arbeitet.
Es gibt zwei Probleme, so Scherg. „Das Internet vergisst nichts und es ist sehr schnell.“ Deshalb müssten Betroffene zügig handeln. Sie sollten aber nicht mit gleichen Mitteln zurückschlagen. Schließlich mache man sich selbst strafbar und reize sein Gegenüber nur.
Zu Anzeigen gegen Täter im Netz kommt es selten, weil die Internetnutzer anonym auftreten. Die Server stehen oft im Ausland, so dass die Daten, die zu den Schuldigen führen, verborgen bleiben.
Reputationsmanager und Anwälte nutzen deshalb meist einen anderen Weg: Sie treten für ihre Kunden an Internetplattformen heran und fordern sie auf, diffamierende Einträge zu löschen. „Das kann aber auch jede Privatperson selbst machen“, sagt Scherg. Der Vorteil der Profis: Sie haben meist gute Kontakte zu den Anbietern.
Eine weitere Möglichkeit, unerwünschte Einträge zu verdrängen, ist es, die Google-Suche zu manipulieren, so dass bestimmte Treffer weiter hinten angezeigt werden.
Bei Unternehmen rät Scherg aber vom Löschen kritischer Beiträge ab. „Die Unternehmen sollten Kritik von Verbrauchern als Chance sehen, ihr Angebot zu verbessern.“
Seine Firma bietet eine komplette Kommunikationsstrategie für ihre Kunden an. „Aber wir können und wollen vor allem aus einem Holocaust-Leugner keinen Antifa-Aktivisten im Netz zaubern.“
Damit Internetnutzer gar nicht erst auf Reputationsmanagern zurückgreifen müssen, raten Experten zu Vorsicht. Privatpersonen sollten darüber nachdenken, was sie im Internet von sich preisgeben wollen, so Scherg.
Informationen, die man rausgibt, können gegen einen verwendet werden. Menschen müssten sich zudem überlegen, ob sie dem Bild genügen, das sie im Netz von sich aufbauen.