Obama verteidigt Datensammlung durch US-Geheimdienst NSA

Washington/Berlin (dpa) - Die weitläufige Überwachung von Telefonverbindungen und Internet durch amerikanische Geheimdienste hat nach Angaben der US-Behörden in den vergangenen Jahren rund 50 Terror-Verschwörungen in 20 Ländern vereitelt.

Bei mindestens zehn davon seien Anschläge in den USA geplant gewesen, darunter ein Bombenattentat auf die New Yorker Börse NYSE. Das sagte der Chef des US-Abhördienstes NSA, Keith Alexander, am Dienstag bei einem Auftritt vor dem Geheimdienst-Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington.

In Medienberichten war zuletzt eine tiefgreifende Überwachung von Internet und Kommunikationsdiensten bei zwei geheimen NSA-Programmen enthüllt worden. Das hatte international heftige Kritik ausgelöst. US-Präsident Barack Obama verteidigte das Vorgehen als notwendig für die Terrorabwehr. Alexander bezog sich bei seinen Zahlen ausdrücklich auf die beiden angeprangerten NSA-Programme.

Obama versicherte kurz davor in einem Fernsehinterview, es gebe dabei ausreichende Kontrollmechanismen. Bei der NSA arbeiteten „außergewöhnliche Profis, die sich der Sicherheit des amerikanischen Volkes verschrieben haben“, erklärte Obama in der am späten Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Aufzeichnung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will bei dem am Dienstag beginnenden Berlin-Besuch Obamas das Thema ansprechen. Vor Obamas Ankunft demonstrierten Netzaktivisten am Checkpoint Charlie an der ehemaligen Berliner Mauer gegen eine flächendeckende Überwachung von Internetdaten und Telefongesprächen. Mit Hüten und Sonnenbrillen als Spione verkleidet warfen Mitglieder des Vereins Digitale Gesellschaft und andere Demonstranten Obama vor, mit dem Vorgehen der NSA gegen die Grundrechte der Menschen zu verstoßen.

„Mein Job ist es, das amerikanische Volk zu schützen sowie die amerikanische Art zu leben, die unsere Privatsphäre einschließt“, sagte hingegen Obama. Sein Anliegen sei stets gewesen, genügend Kontrolle über die Geheimdienste zu haben. Die NSA-Programme würden aber von einem unabhängigen Gericht beaufsichtigt. „Es gibt Transparenz.“ Der Frage, ob das geheime Gericht je einen Überwachungsantrag abgelehnt habe, wich der Präsident aus. Die Zahl der Anträge sei „überraschend niedrig“ und die Dienste griffen dazu nur bei einem festen Verdacht.

Zugleich habe er die Dienste angewiesen, mehr bisher geheime Dokumente öffentlich zu machen, die die Funktionsweise der Datensammel-Programme erklären, sagte Obama. Auch wolle er eine nationale Diskussion über den Umgang mit Daten anstoßen.

Für Sicherheit müsse man Kompromisse eingehen, erklärte Obama. Zum Beispiel gebe es jetzt an Flughäfen strengere Sicherheitskontrollen als früher. Man müsse aber nicht die Freiheit opfern, um sicher zu sein. „Ich denke nicht, dass jemand sagt, wir sind nicht mehr frei, weil wir Kontrollpunkte an Flughäfen haben.“

In Berlin verlangte Linnea Riensberg vom Verein Digitale Gesellschaft von den deutschen Strafverfolgsbehörden, Ermittlungen wegen der Überwachung deutscher Staatsbürger und von Beschäftigten von Bundes- und Landesbehörden aufzunehmen. „Ich gehe davon aus, dass es sich bei PRISM um staatliche Spionage seitens amerikanischer Stellen handelt, bei der sowohl private als auch staatliche Geheimnisse der Bundesrepublik Deutschland ausgeforscht wurden“, heißt es in einer von ihr verfassten Strafanzeige.

Nach anderen Internetfirmen veröffentlichte unterdessen auch Yahoo Zahlen zu Anfragen amerikanischer Behörden nach Nutzerdaten. Von Dezember 2012 bis Ende Mai habe das Unternehmen zwischen 12 000 und 13 000 Anfragen erhalten, hieß es in einem Firmenblog. Dazu zählen auch Anfragen von Polizeibehörden, die in Mord- oder Betrugsfällen ermitteln, ebenso wie Anträge nach dem Auslandsspionage-Gesetz FISA.

Den Internet-Unternehmen ist es seit kurzem erlaubt, auch bisher geheime Anfragen mit Bezug zur nationalen Sicherheit in die Statistik aufzunehmen. Sie dürfen aber nur die Gesamtzahl aller Anfragen in einer Spanne nennen. Facebook, Microsoft und Apple veröffentlichten bereits Zahlen auf dieser Grundlage. Yahoo gab im Gegensatz zu ihnen nicht an, wie viele Kunden-Konten betroffen waren. Die Firmen bestreiten, dass die NSA einen direkten Zugang zu ihren Servern habe.