Porträt: Erfinder der Computermaus Engelbart gestorben
New York (dpa) - Douglas Engelbart, Internetvisionär, Erfindergenie und Entwickler der Computermaus, ist tot.
Der Amerikaner starb nach Angaben des Instituts SRI International, für das er Jahrzehnte arbeitete, am Dienstag in seinem Haus in Atherton bei Palo Alto. Engelbart erlag einem Nierenleiden. Er wurde 88 Jahre alt.
Ohne ihn würde die heute alltägliche Welt aus Computer und Internet anders aussehen. Engelbart galt nicht nur als genialer Tüftler, sondern auch als visionärer Denker. Schon in den 50er Jahren mahnte er, die Wissenschaft müsse die Fähigkeiten elektronischer Rechenmaschinen nutzen, um wahre Durchbrüche zu erzielen.
Damals waren Computer sündhaft teuer, füllten ganze Räume und erreichten eine Rechenleistung, die heute von Handys leicht überboten wird. Gleichzeitig war ihre Bedienung kompliziert: Wer damit arbeiten wollten, musste lange Befehlsfolgen eintippen.
Engelbart hatte im Dezember 1950, gleich nach seiner Verlobung, eine Vision: Er habe sich selbst vor einem Computer mit Symbolen auf dem Bildschirm gesehen, berichtete er später - doch fehlte dafür eine einfache Eingabemöglichkeit.
Er tüftelte und stellte zusammen mit anderen Wissenschaftlern im Dezember 1968 ein Kästchen aus Holz vor, in dem sich zwei Rädchen drehten. Deren Bewegung wurde in ein Diagramm umgerechnet, das der Computer verstehen konnte. Und das wiederum in die Bewegung eines kleinen Zeigers auf dem Bildschirm. Die Maus war geboren.
Schon ein paar Wochen zuvor hatte die deutsche Telefunken ihre „Rollkugel“ vorgestellt. Engelbart hatte die Idee also offenbar nicht allein. Im Gegensatz zu den Deutschen ließ er sich seine Erfindung aber Ende 1970 als „X-Y-Positionsanzeigesteuerung für die Bewegung per Hand über eine beliebige Oberfläche zur Verschiebung eines Positionsanzeigers auf dem Bildschirm“ patentieren.
Auch wenn die Fachwelt Interesse zeigte, konnte von einem Durchbruch keine Rede sein. Das dauerte noch 16 Jahre. Ende der 70er Jahre schlossen Forscher des legendären Forschungszentrum Xerox PARC eine Maus an den Computer Alto an, mit der man Befehle auf dem Rechner ausführen, Texte markieren und Dateien öffnen konnte.
Apple-Mitgründer Steve Jobs sah den Alto 1979 und übernahm die grafische Benutzeroberfläche. Apples „Lisa“ war der erste Computer, der für die Maus ausgelegt war. Mit dem Macintosh erreichte sie dann breite Bekanntheit. Das kleine Gerät setzte sich durch, obwohl es anfangs mehrere Hundert Dollar kostete. Dabei half auch eine gerade gegründete Schweizer Firma, die mit Mäusen richtig Mäuse machte: Logitech.
In den späten 80er Jahren wurden die Geräte dann zum Standard. Auch Microsoft übernahm sie für Windows. Fast 30 Jahre nach Engelbarts Präsentation wurden Computermäuse zum alltäglichen Gegenstand, ja zum Wegwerfprodukt. Die Maus half, die Bedienung eines Computers wesentlich zu vereinfachen, und verhalf der Technologie so zu einem Massenmarkt.
Heute werden jährlich mehr als eine Milliarde Mäuse produziert, vom Standardmodell für ein paar Euro über ausgefallene Liebhaberexemplare bis zu hochpräzisen Gamermäusen - die dann wieder einige Hundert Euro kosten können.
Längst sind sie zum Symbol des Internetzeitalters geworden und schmücken Plakate oder Logos oder weisen auf Visitenkarten auf die E-Mail-Adresse hin.
Engelbarts Präsentation von 1968 ist noch heute als „Mutter aller Demos“ im Internet zu sehen. In der Tat ist der Vortrag der Vorläufer großer Technologieshows, wie Apples Steve Jobs sie später aus Cupertino, nur ein paar Autominuten weiter, zelebrierte.
Jobs wurde maßgeblich von Engelbart beeinflusst, der immer wieder visionäre Ideen hatte, wie die Welt in ein paar Jahren oder Jahrzehnten aussehen könnte.
Engelbart gehört zu den am häufigsten ausgezeichneten Ingenieuren der USA. Reich wurde er durch die Maus nicht, denn das kleine Kästchen wurde erst populär, als das Patent schon auslief. Das habe ihn nie gestört, sagte er einmal den „San Jose Mercury News“. Aber: „Wenn das ein Nebenprodukt gewesen wäre, wäre es natürlich nett gewesen.“