Rechner im Unruhestand - Alte Computer weiterverwenden
Berlin (dpa/tmn) - Kaum ist der schöne, schnelle und neue PC da, wird der alte Computer keines Blickes mehr gewürdigt. Verdient hat er das meist nicht. Denn wer sich ein wenig müht, findet für Ruhestands-Rechner oft noch ein Einsatzfeld - oder jemanden, der dafür zahlt.
In deutschen Haushalten stehen etwa 20 Millionen ausgemusterte PCs und Notebooks herum. Jeder Zweite (50 Prozent) hebt alte Rechner als Ersatzteillager für den neuen Computer auf, jedem Fünften (21 Prozent) ist die Entsorgung einer Aris-Umfrage zufolge schlicht zu viel Arbeit. Ohnehin ist der Weg zum Recyclinghof nicht immer der beste. Denn der alte Rechner hat vielleicht noch das Zeug zum Zweitgerät, zum Netzwerkspeicher oder zum Medienserver.
„Ausgemusterte Rechner sind häufig nur drei oder vier Jahre alt“, sagt Thomas Nittka vom Verein ReUse-Computer, der sich für die Aufarbeitung alter PCs einsetzt. Anständig hergerichtet, schaffen solche Oldies Office-Anwendungen oder das Surfen im Internet meist noch problemlos. „Die neueste Software läuft darauf vielleicht eher langsam“, sagt Nittka, und auch Spieler werden mit drei oder vier Jahre alten Modellen meistens nicht glücklich. „Ein Grund zum Wegwerfen ist das aber noch nicht.“
Dass nicht auf jedem Computer-Senior Windows 7 oder 8 läuft, ist nicht tragisch. Microsoft liefert selbst für das 2001 veröffentlichte Windows XP noch bis 2014 Updates. Auch für ältere Versionen von Apples OS X gibt es weiter Support.
Ein alter PC oder ein altes Notebook mit passender Software kann als Zweitrechner für das Arbeitszimmer oder den Nachwuchs also durchaus noch gute Dienste leisten. Läuft er übermäßig langsam, ist daran eventuell auch der Nutzer schuld, der im Laufe der Jahre zu viel Software installiert und wieder gelöscht hat. Windows-Rechner zwingt das auf Dauer in die Knie. Thomas Nittka rät in solchen Fällen zur Radikallösung. „Machen Sie das System am besten komplett platt und installieren sie das Betriebssystem neu, plus die drei oder vier Programme, die man auf jeden Fall braucht“, rät der Experte. „Dann läuft der PC wieder wie am ersten Tag.“
Alternativ kann der alte Rechner auch zum Datenknecht werden, entweder als Netzwerkspeicher oder als Medienserver, der Musik und Videos auf an Fernseher oder Anlage angeschlossene Rechner, Konsolen und Netzwerkplayer streamt. Empfänger (Client) kann im Grunde jedes netzwerkfähige Gerät sein, dass die Standards UPnP beziehungsweise DLNA unterstützt - was auch das TV selbst sein kann. Besondere Voraussetzungen muss der Medienserver kaum erfüllen, sagt Ingolf Leschke von der Zeitschrift „Computerbild“: „Das kann die lahmste Kiste, der Computer hat dabei ja eigentlich nichts zu leisten.“
Wichtig ist vor allem, dass der Datenspeicher oder Medienserver in spe eine ausreichend große Festplatte und einen Netzwerkanschluss mitbringt - oder besser noch ein WLAN-Modul. Außerdem rät Leschke zu einer etwas neueren Windows-Version. „Seit Vista ist es erheblich einfacher geworden, Computer in ein Netzwerk einzubinden“, sagt der Redakteur. „Das geht zwar auch mit XP, da muss ich mich aber oft noch durch seitenlange Menüs oder Assistenten klicken.“
Mit einer aktuellen Windows-Version und dem Windows Media Player kann das Streamen direkt beginnen. Allerdings stößt der Media Player in der Praxis an Grenzen bei Musik- und Videoformaten. Weiter kommt man dann oft mit kostenlosen Medienserver-Programmen wie PS3 Media Server oder VLC Media Player.
Als Netzwerkspeicher hat ein alter Desktop-PC einen Nachteil: Im Vergleich zu einem Netzwerkspeicher (NAS) oder einer externen Festplatte verbraucht er deutlich mehr Strom. Ein altes Notebook als Speicher ist dagegen deutlich sparsamer.
Klappt die Weiterverwendung nicht, kann selbst ein komplett veraltetes Gerät noch zur Geldquelle werden. Für sogenannte Consumer-PCs, günstige Geräte aus dem Fachhandel, gibt es allerdings meist nur wenig Geld, sagt Thomas Nittka. Wertstabiler sind sogenannte Business-Rechner, die darauf ausgelegt sind, über Jahre zuverlässig zu laufen. Bei günstigen Geräten kann es sich eher lohnen, die Teile einzeln zu versilbern, rät der IT-Fachmann: „Es gibt immer irgendjemanden, der eine neue gebrauchte Festplatte für seinen PC sucht.“ Allerdings ist diese Methode auch aufwendiger, als den Computer komplett zu verkaufen.
Und schließlich können Einzelteile aus dem alten auch im neuen Rechner gute Dienste leisten. Denn in veralteten Computer muss längst nicht jede Komponente reif für den Schrottplatz sein. Die Festplatte funktioniert womöglich im neuen Rechner so gut wie im alten, auch der Arbeitsspeicher ist möglicherweise mit dem neuen PC kompatibel. Allerdings klappt der Verkauf oder die Weiternutzung von Einzelteilen in der Regel nur mit Desktop-PCs. Bei Notebooks lassen sich die Komponenten oft kaum aus- und nur schwer in andere mobile Rechner einbauen. Dort gilt dann oft: ganz weiternutzen oder gar nicht.