„Silk Road“-Gründer Ulbricht zu lebenslanger Haft verurteilt
New York (dpa) - Der Gründer der Untergrund-Handelsplattform „Silk Road“, Ross Ulbricht, soll lebenslang ins Gefängnis.
Das entschied ein New Yorker Gericht, wie unter anderem die Finanznachrichtenagentur Bloomberg aus dem Gerichtssaal berichtete. Über „Silk Road“ wurden über Internet Drogen, Hacker-Software und gefälschte Ausweisdokumente verkauft. Die Plattform soll aber auch für illegale Aktivitäten wie Geldwäsche eingesetzt worden sein. All das waren Anklagepunkte gegen den 31-jährigen Ulbricht.
Er wurde auch dazu verdonnert, 184 Millionen Dollar zurückzuzahlen. Der Betrag soll unter anderem durch den Verkauf beschlagnahmter Bestände der Digitalwährung Bitcoin ausgefüllt werden. Eine Verkürzung der lebenslangen Haftstrafe ist grundsätzlich nicht vorgesehen. Ulbrichts Anwalt stellte eine Berufung in Aussicht.
Ulbricht war bereits im Februar schuldig gesprochen worden. Die Geschworenen sahen es als erwiesen an, dass er unter dem Decknamen „Dread Pirate Roberts“ die illegale Plattform steuerte. Die Ermittler schätzten zunächst, dass über „Silk Road“ illegale Drogengeschäfte im Volumen von rund 1,2 Milliarden Dollar abgewickelt worden waren. Später wurde der erwiesene Betrag in dem Verfahren auf rund 200 Millionen Dollar reduziert. Ulbricht profitierte mit einer Gebühr von üblicherweise rund zehn Prozent von den Geschäften auf der Plattform.
Ulbricht selbst behauptete, er habe „Silk Road“ nur als „ökonomisches Experiment“ gestartet und dann in andere Hände weitergegeben. Allerdings hatten die Ermittler besonderen Wert darauf gelegt, ihn mitten in einem Online-Chat festzunehmen, den er als „Dread Pirate Roberts“ führte. Es war eine filmreife Aktion. Die Beamten folgten Ulbricht in eine Bibliothek, in der er das WLAN nutzte, um mit einem Undercover-Agenten zu kommunizieren. Ein Paar inszenierte hinter ihm einen Streit. Als Ulbricht deswegen kurz vom Bildschirm hochschaute, schubste einer der Beamten das Notebook weg, bevor er es schließen oder sperren konnte.
Der Computer, den die Ermittler Ulbricht buchstäblich unter den Fingern wegrissen, half der Anklage, Geschworene und Gericht davon zu überzeugen, dass Ulbricht in Wirklichkeit die ganze Zeit hinter „Silk Road“ steckte. Sie fanden dort ausführliche Chat-Protokolle im Namen von „Dread Pirate Roberts“ vor - und die Ereignisse in dessen Leben wie etwa Erkrankungen oder Reisen fielen mit denen in Ulbrichts Alltag zusammen. An einer Stelle schrieb er zudem einem Vertrauten, er habe mehreren Mitwissern zur Sicherheit die Lüge aufgetischt, dass er die Kontrolle über „Silk Road“ abgegeben habe.
Ulbricht soll auch versucht haben, mehrere Morde in Auftrag zu geben. Er scheint dabei zwar auf einen Trick hereingefallen zu sein, bei dem sich zunächst ein angeblicher Erpresser bei ihm meldete - und dann ein vermeintlicher Killer, der anbot, diesen auszuschalten. Richterin Katherine Forrest berücksichtigte bei ihrem Urteil aber, dass Ulbricht willig auf dieses Angebot angesprungen sei, auch wenn danach keine Hinweise auf tatsächliche Morde gefunden worden seien.
„Silk Road“ agierte im sogenannten „Deep Web“ oder „Darknet“ hinter einem Schutzwall von Anonymisierungs-Servern, mit denen die Identität von Käufern und Verkäufern geheimbleiben sollte. Die Zahlungen per Bitcoin sollten ebenfalls dafür sorgen, dass die Geldströme nicht nachverfolgbar wären. Nach wie vor ist unklar, wie genau die Ermittler auf Ulbricht als die Person hinter „Dread Pirate Roberts“ kamen. Die Erklärung, dass er ganz zu Beginn eine Spur mit einer E-Mail-Adresse hinterlassen habe, zweifelten einige Prozessbeobachter an.
Die Mindeststrafe lag bei 20 Jahren. Ulbricht hatte das Gericht noch vergangene Woche in einem Brief ersucht, ihn nicht lebenslang hinter Gitter zu stecken, weil er seine Fehler eingesehen habe. Er habe sich verändert, und bitte, ihm wenigstens eine Aussicht auf einen Lebensabend in Freiheit zu lassen. Richterin Forrest ließ sich jedoch nicht erweichen. Ulbricht habe sich mit „Silk Road“ bewusst über das Gesetz stellen wollen und müsse nun die Konsequenzen tragen. Vor der Verkündung der Strafe traten im Gericht auch Eltern mehrerer „Silk Road“-Kunden auf, die an Drogen-Überdosis gestorben waren. Der Vater eines 25-Jährigen sagte, er sei überzeugt, dass sein Sohn ohne „Silk Road“ am Leben geblieben wäre.