Im Zweikampf: FIFA 11 bezwingt PES 2011
Ob Mac gegen Windows, Düsseldorf gegen Köln oder McDonald’s gegen Burger King: Meistens entscheidet der Geschmack, wofür das Herz schlägt. So auch im Vergleichstest der beiden Fußballsimulationen FIFA 11 und Pro Evolution Soccer 2011.
Düsseldorf. Mit Deutschland Weltmeister werden? Oder mit Borussia Mönchengladbach Deutscher Meister? Oder doch lieber mit dem FC Barcelona gegen Real Madrid antreten? In FIFA 11 und Pro Evolution Soccer 2011 ist dies alles möglich und gerade deshalb freuen sich Fußball-Fans jedes Jahr auf die Veröffentlichung beider Titel. Am 30. September ist es wieder soweit und die WZ hat bereits beide Spiele ausgiebig im Zweikampf getestet.
Was zählt auf den ersten Blick? Na klar, die Optik. Hier unterscheiden sich die Fußballsimulationen im Detail.
Bei FIFA 11 aus dem Hause Electronic Arts steht eine atemberaubende Präsentation im Vordergrund. Dazu gehören durchdesignte Spielmenüs, exakt nachgebaute Original-Stadien und zum größten Teil fotorealistische Spielermodelle. So erkennt man beim Spiel Bayern München gegen Real Madrid nicht nur die Allianz Arena sofort wieder, sondern auch einen Christiano Ronaldo oder Philipp Lahm.
Pro Evolution Soccer 2011 legt den Fokus in Sachen Grafik auf die Akteure, also das Wesentliche, und weniger auf eine in allen Bereichen bombastische Präsentation. So erkennt man beim Spiel von Konami wirklich jeden Kicker anhand von Mimik, Frisur und sogar Gestik auf dem Rasen wieder - und dies umfang- und detailreicher als bei der Konkurrenz.
Die Meüns im Spiel sind funktionell, kommen aber deutlich schlichter als bei FIFA daher und insgesamt bietet Konami deutlich weniger "Aha"-Erlebnisse. Dennoch wirkt alles in sich stimmig und durchdacht. Unentschieden in dieser Kategorie.
Das Spielgefühl
Bei allen Änderungen in FIFA 11 lautet das Stichwort auf und neben dem Spielfeld: Freiheit. Es ist möglich den Ball in jedem erdenklichen Winkel zu passen und zu schießen, im neuen 360°-Zweikampfsystem wird authentisch um den Ball gekämpft, indem am Trikot gezupft wird, der Ellbogen zum Einsatz kommt oder mit der Hüfte geschoben wird.
Hinzu kommt die Möglichkeit verschiedene Dribblings auszuführen, um die Verteidiger der gegnerischen Mannschaft alt aussehen zu lassen.
Insgesamt täuscht dies alles jedoch nicht über eine Sache hinweg: Gerade durch das neue Zweikampfsystem verkommen viele Spiele häufig zu Mittelfeld-Kicks. Das bedeutet, dass der Spieler vom Gefühl her nie 100 Prozent Kontrolle über die virtuellen Spieler hat. Der Ball kann verspringen, man wird vom Verteidiger abgelaufen oder umgegrätscht.
Hier beeinflusst der ohne Frage vorhandene Realismus den Spaß und beeinträchtigt das Spielgefühl. So sehr, dass es sich teilweise träge anfühlt, wie sich die Spieler auf dem Platz bewegen. Natürlich ist man umso erfreuter, wenn eine gekonnte Doppelpass-Kombination zum Torerfolg fühlt. Wer sich auf das Spiel einlässt, wird verstehen, warum Fußball Arbeit ist - auch virtuell.
Die Entwickler von Pro Evolution Soccer 2011 gehen einen ähnlichen Weg in Bezug auf den Freiheitsgedanken. Im Konami-Kick kann der Spieler Pässe per Knopfdruck locker oder fest spielen. Je länger der Passknopf gedrückt wird, desto härter wird der Pass - ebenfalls im 360°-Bereich und genau so wie bei FIFA. Früher konnte ein Pass lediglich in acht verschiedene Richtungen gespielt werden.
Vorteil PES: Die Passanzeige befindet sich direkt über den Köpfen der Fußballspieler, bei FIFA ist sie am unteren Bildschirmrand zu finden.Damit wird dem Spieler mehr Kontrolle über den Spielverlauf und das Tempo gegeben: Gepflegtes Kurzpassspiel oder doch lieber ein taktisch ausgeklügeltes Aufbauspiel - man hat die Wahl. Und das ist die Stärke von PES.
Im Vergleich zu FIFA hat man stets Kontrolle über seine Mannschaft, die Spielzüge gehen leicht von der Hand und schnell stellen sich Erfolgserlebnisse ein. Die Steuerung wirkt sehr direkt, das Spieltempo ist deutlich höher und angenehmer.
Die Spielmodi
Zwei Weltpremieren auf einmal kann FIFA 11 dem Spieler bieten. Zum einen ist es im "Be A Goalkeeper"-Modus möglich, ein ganzes Fußballspiel nur aus der Sicht eines Torwarts zu steuern. Die Aufgabe: Den Kasten zwischen den Pfosten sauber zu halten.
Zum anderen ist es dadurch erstmals möglich online 11 gegen 11 zu spielen. Dazu müssen sich 22 FIFA-Spieler auf der Welt online treffen, jeder Spieler übernimmt einen virtuellen Kicker und es kann losgehen.Via Headset werden Pässe in die Spitze und Flanken kommuniziert und koordiniert - fast wie auf dem echten Platz.
Ansonsten gibt es beinahe jede erdenkliche Turnier- oder Ligaform. So ist eine Saison in der ersten Bundesliga mit Borussia Mönchengladbach genau so möglich wie eine Saison mit Fortuna Düsseldorf in Liga 2. Oder aber man erstellt sich einen eigenen Spieler, bearbeitet sein Aussehen, weist ihn dem eigenen Lieblingsverein zu und steigt in den Karrieremodus ein. Hier ist spielt man 15 virtuelle Saisons durch. Entweder als Spieler, als Trainer oder als Spielertrainer - je nach Vorlieben.
FIFA hebt sich in Sachen Authentizität besonders durch das umfangreiche Lizenzpaket von der Konkurrenz ab. Alle bekannten aber auch viele hier zu Lande unbekannten Ligen sind komplett originalgetreu enthalten.
Die Spieler und Stadien besitzen ihre korrekten Namen und ihr echtes Äußeres, die Embleme der Vereine sind enthalten. Und auch ansonsten ist alles lizenziert: von den Fußbällen, über die Stadionwerbung bis hin zu den Trikots.
Im Falle von PES 2011 sieht es nicht ganz so umfangreich aus - und dies leider auf jeder Ebene. Weder kann man online 11 gegen 11 spielen, noch gibt es eine Bundesliga. Nur Bayern München und Werder Bremen sind als deutsche Clubs vertreten. So fehlt trotz offizieller Champions League-Lizenz Schalke 04, die diese Saison aber international in der Champions League spielen. Die zweite Fußball-Bundesliga fehlt komplett.
In der englischen Liga besitzen die meisten Teams weder das offizielle Logo, noch die offiziellen Trikots. Nur das Aussehen und die Namen der Spieler sind originalgetreu. Die spanische und italienische Liga sind komplett enthalten - immerhin.
Wie die Champions League-Lizenz verrät, kann man in PES 2011 natürlich eine komplette internationale Saison spielen. Oder man spielt den Karrieremodus, der bei Konami den Namen "Be A Legend" (BaL) besitzt. Hier erstellt man wie bei der Konkurrenz ebenfalls einen Spieler, weist ihn einer Mannschaft zu und bestreitet mit dieser mehrere Saisons hintereinander. Desto weiter man im Spiel fortschreitet, desto mehr Fähigkeiten erlangt der eigene Spieler.
Das nächste Tor schießt aber trotz aller Gegenwehr FIFA 11. Mehr Lizenzen und neue noch nie dagewesene Spielmodi sind treffsicherer als PES 2011.
Akustisch setzt FIFA Jahr für Jahr neue Maßstäbe, so auch in dieses Mal. Je nachdem in welcher Liga man spielt, spricht der Stadionsprecher beim Einlaufen der Teams in der jeweiligen Landessprache. Die Fangesänge sind ebenfalls in der passenden Sprache und sogar solche, die man von der internationalen Fußballbühne gewohnt ist. So fühlt sich das Spiel beinahe wie eine Fußballübertragung an. Klasse!
Auch der Soundtrack weiß zu überzeugen. Ein Mix aus Rock, Pop, Hip Hop und Elektro bietet vielen Geschmäckern etwas. Wen das ein oder andere Lied stört, der kann dies in den Optionen deaktivieren - oder kurzerhand eigene Musikstücke von der Festplatte verwenden. Und das nicht nur im Menü, sondern auch im Stadion. So kann man für den Torerfolg des Lieblingsteams ein Lied auswählen, welches dann im Stadion gespielt wird. Personalisieren ist somit ohne Umstände möglich.
PES 2011 kann soundtechnisch nicht mithalten. Es gibt nur wenige Original-Fangesänge und die Möglichkeit eigene Musik ins Spiel zu integrieren fehlt.
Die Kommentatoren der beiden Fußballspiele tun sich seit Jahren nichts. Auch wenn in FIFA 11 dieses Mal Manni Breuckmann und Frank Buschmann am Mikrofon sitzen - gebessert hat sich wenig. Immerhin haben die beiden neue Sprüche auf Lager. Bei PES gibt es seit Jahren, bis auf wenige Abweichungen, die gleichen von Wolff Fuss und Hansi Küpper zu hören. Langweilig! Wer sich Abhilfe schaffen möchte, dem sei empfohlen: In beiden Spielen kann der exzellente englische Kommentar eingestellt werden.Klares Tor für FIFA 11 in Sachen Gehör!
Endergebnis: FIFA 3:2 PES
FIFA 11 gewinnt den Zweikampf dieses Jahr für sich. Sowohl die Spielmodi als auch der Sound überzeugen auf ganzer Linie und lassen PES 2011 alt aussehen. Die Optik bewegt sich bei beiden Spielen auf einem hohen Niveau. Unterlegen ist FIFA 11 nur im Spielgefühl, welches natürlich der entscheidende Faktor ist, ob ein Spiel Spaß macht oder nicht. Hierzu ist zu sagen: Wer auf Original-Lizenzen, einen tollen Sound, eine gute Grafik und puren Realismus Wert legt, sollte FIFA 11 kaufen. Wem jedoch der Spielspaß und der spielerische Tiefgang wichtiger sind, sollte zu PES 2011 greifen.