Handy-Spiel Was vom Pokemon-Go-Hype geblieben ist
Das Handy-Spiel „Pokémon Go“ zog vor einem Jahr Millionen Nutzer in seinen Bann. Düsseldorf gehörte zu den beliebtesten und berühmtesten Hotspots. Und heute? Eine Bestandsaufnahme.
Düsseldorf. Es gibt Dinge, die „viral gehen“, sich also tausendfach in kürzester Zeit verbreiten und zum Mega-Hype aufsteigen. So war es auch vor einem Jahr mit dem Smartphone-Spiel Pokémon Go. Es fesselte die Spieler nicht zu Hause an der Konsole, sondern schickte sie nach draußen in die Straßen und Parks. Das war neu.
Im Sommer 2016 spielten plötzlich Millionen Menschen weltweit ein Spiel, bei dem man mit gesenktem Kopf auf sein Handy-Display starrend durch die Gegend lief, um kleine virtuelle Monster einzufangen. Düsseldorf gehörte zu den beliebtesten und berühmtesten Hotspots. Das lag unter anderem daran, dass es auf der Girardet-Brücke an der Königsallee gleich vier Pokéstops gab — also eine Stelle, an der die Spieler besonders viele digitale Tierchen aufspüren konnten, die sie sammeln und trainieren mussten.
Das bekannteste Pokémon Pikachu und seine Freunde versteckten sich fast überall: an den Gaslaternen, am Kö-Graben, auf dem Geländer. Hunderte Monsterjäger belagerten ab Mitte Juli die historische Brücke — bei gutem Wetter auch bis spät in die Nacht. Vertieft in ihr Spiel harrten Fans im Schneidersitz aus, andere brachten Campingstühle und Kühlboxen mit.
Oberbürgermeister Thomas Geisel wollte erst kein Spielverderber sein. Er ließ Sitzbänke und Dixie-Klos aufstellen, die Brücke wurde für den Autoverkehr gesperrt. Doch der Hype dauerte länger als gedacht, die 70-Jahr-Feier des Landes mit Gourmet-Fest stand Ende August an. Mehrmals musste die Girardet-Brücke von der Stadt geräumt werden. Zum Schluss wurden zwei der vier Pokéstops abgeschaltet. Allmählich kehrte Ruhe ein, mit den Aufbauten für das Gourmet-Festival waren dann auch fast die letzten Spieler verschwunden.
Das Phänomen Pokémon begeisterte aber nicht nur Jugendliche und Nerds, auch Studenten und Anzugträger waren im Jagdfieber, tippten wild auf ihren Bildschirmen, während alles um sie herum nicht mehr stattzufinden schien. Restaurants lockten mit Pokéstops, in einem Sonderzug der Düsseldorfer Rheinbahn konnten Jäger auf einer speziellen Route die virtuellen Taschenmonster fangen.
Der Thrill war intensiv, aber kurz: Am 13. Juli 2016 fiel der offizielle Startschuss für „Pokémon Go“, doch als der Sommer ging, ging auch der Hype. Die Spielemacher selbst hatten wohl nicht mit dem großen Erfolg gerechnet. In den ersten zwei Monaten knackte Pokémon Go die Marke von einer halben Milliarde Downloads. Von September bis Ende Februar wurde das Spiel noch 150 Millionen Mal heruntergeladen. Die damalige Pokémon-Manie sei einem gesunden Wachstum gewichen, heißt es heute von Spieleentwickler Niantic Labs.
Im Februar veröffentlichte die Firma die zweite Pokémon-Generation, stellte Neuerungen vor, änderte die Regeln für Arenen-Kämpfe. In den Facebook-Gruppen wurde es insgesamt ruhiger, zum Einjährigen gab es aber spezielle Safaris, um die Spieler weiter zu binden.
„Eigentlich ist Pokémon Go klinisch tot“, sagt der Markenexperte Christian Paul Stobbe aus Neuss, fügt aber an: „Ich spiele es aber immer noch. Am Anfang war es der Herdentrieb, doch einige sind bei der Stange geblieben.“ Das Spiel habe gute Ansätze, um den User bei Laune zu halten: „Anfangs ist es ständig abgestürzt, die Überarbeitung kam viel zu spät, aber die Spielidee ist gut und macht Spaß.“ Ein wichtiger Faktor für den Hype seien damals die Sommerferien gewesen. Letztlich sei das Such-Spiel ein popkulturelles Phänomen gewesen, das unterschiedliche Leute und Altersgruppen angesprochen habe.
Einer, der auch nach einem Jahr noch spielt, ist Pascal Kleinebeck. Er hat sogar zwei Accounts (für Insider: im gelben Level 27, im blauen Level 29). Für den 26-Jährigen hat das Spiel nichts von seiner ursprünglichen Faszination verloren. „Man trifft sich mit wildfremden Menschen, um zu spielen“, sagt er. „Inzwischen finde ich, dass es sogar noch mehr Spaß macht, weil man jetzt mit Gleichgesinnten unterwegs ist, die das auch ein Jahr lang gespielt haben — egal, ob jung oder alt.“