Zocken auf Mac- und Linux-Rechnern
Paderborn (dpa/tmn) - Wer am Computer ernsthaft spielen will, braucht einen Windows-Rechner. Vor ein paar Jahren hätte kaum jemand der Aussage widersprochen. Spiele für andere Betriebssysteme waren selten und meist teuer.
Doch das Bild hat sich gewandelt: Mac- und Linux-Rechner eignen sich gut zum Spielen, sagen Experten.
Woran liegt das? Beim Mac war es vor allem eine technische Änderung: Seit 2006 enthalten auch Apples Computer Intel-Prozessoren. Dadurch wurden sie für Spieler und Entwickler attraktiv: „Apple verwendet eine Architektur, die sehr gut aufeinander abgestimmt ist, also sehr effizient arbeitet“, erklärt Jörg Müller-Lietzkow, Professor für Medienökonomie und -management an der Universität Paderborn. „Die Geräte sind also so leistungsfähig, dass man da gut mit spielen kann“, erklärt der Spielekenner.
Bei Linux war nicht die Technik entscheidend für den Spiele-Aufschwung, sondern Steam. Für Windows ist die Downloadplattform von Valve Marktführer beim digitalen Vertrieb von Spielen. Seit 2013 gibt es die Software auch für Linux. „Seitdem hat sich auf dem Spielemarkt für Linux extrem viel geändert“, sagt Mirko Lindner, Betreiber des Onlinemagazins „Pro-Linux.de“. „Selbst große Spiele erscheinen inzwischen oft für Linux, manchmal am gleichen Tag wie die Windows-Version.“ Und auch auf Apple-Rechnern spielt Steam seit seinem Mac-Start 2010 eine große Rolle.
Inzwischen gibt es neben der Valve-Plattform zahlreiche andere Anbieter für Spiele jenseits von Windows. Dazu zählen zum Beispiel der Klassiker- und Indie-Spezialist GOG.com oder Humble Bundle. Der Onlineshop GameAgent hat sich sogar auf Mac- und Linux-Software spezialisiert. Auch Apple selbst bietet im Mac-App-Store Spiele an.
Durch die Download-Anbieter hat sich aber nicht nur das Angebot vergrößert, auch die Preise sind gesunken. „Früher waren Mac-Spiele auch Jahre nach dem Erscheinen noch sehr teuer. Heute ist das nicht mehr so“, sagt Raimund Schesswendter von der Zeitschrift „Mac & i“. Bei Steam und einigen anderen Anbietern erhält man beim Kauf der einen Version in der Regel auch die für andere Betriebssysteme dazu - ein Vorteil für Nutzer, die umsteigen wollen oder mehrere Computer verwenden.
Ganz frei von Problemen ist das Spielen abseits von Windows aber nicht. Macs bieten zwar leistungsfähige Technik, lassen sich dafür aber kaum aufrüsten. Ärger kann es auch mit den wichtigen Treibern geben, zum Beispiel für die Grafikkarte. Nutzer von Windows- und Linux-Rechnern können sie von Hand auf den neuesten Stand bringen. Unter OS X ist das anders, erklärt Schesswendter: „Apple integriert neue Grafiktreiber in den Systemupdate, erreicht dabei aber nie die Frequenz der Grafikkarten-Hersteller.“ Der Tempounterschied sei heute aber längst nicht mehr so schlimm wie früher, so der Mac-Experte. Und viele populäre Spielegenres sind ohnehin nicht so hardwarehungrig.
Wer darauf trotzdem nicht verzichten will, kann Windows auch auf einem Mac installieren und zwischen den Systemen wechseln - Boot Camp sei Dank. „Erstens hat man dann dort wieder den Vorteil aktueller Treiber, zweitens ist die Auswahl an Spielen größer“, erklärt Schesswendter den Vorteil einer Doppel-Installation.
Linux und Windows auf dem selben Rechner laufen zu lassen, ist ebenfalls kein Problem. „Linux kann ich ja auch von CD oder USB-Sticks starten, muss es also gar nicht installieren“, sagt Mirko Lindner. Virtualisierungslösungen wie Wine oder Parallels Desktop, bei denen die Betriebssysteme gleichzeitig laufen, sind keine Lösung für Spieler. Denn die Virtualisierung verschlingt schon so viel Rechenleistung, dass für die Spiele nicht genug übrig bleibt.
Unter Linux ist das Spielen außerdem eine Frage der Distribution. Zum Spielen ist das populäre Ubuntu die beste Wahl. „Das ist die Distribution, die von Steam offiziell unterstützt wird“, sagt Lindner. „Auf anderen Distributionen läuft es zwar auch, da muss der Nutzer aber oft selbst ein wenig basteln.“
In Zukunft könnte Linux als Spiele-Plattform sogar noch wichtiger werden - das liegt einmal mehr an Valve. Das Unternehmen entwickelt mit SteamOS ein eigenes Betriebssystem auf Linux-Basis. SteamOS ist aber nicht zuerst für Notebooks und Desktop-PCs gedacht, sondern eher für die sogenannten Steam Machines - konsolenähnliche Spielemaschinen für das Wohnzimmer. Sollten sie sich durchsetzen, erscheinen künftig wohl noch mehr Spiele für Linux. Die ersten Steam Machines sollen im November 2015 in den Läden stehen.