Studie sagt Virtual Reality großes Marktpotenzial voraus
Berlin (dpa) - Virtual Reality gilt als „nächstes großes Ding“ in der Technik-Branche und wird nach Einschätzung von Markbeobachtern die Unterhaltungselektronik spürbar verändern.
„Viele Verbraucher sind im laufenden Jahr erstmals mit Virtual Reality in Berührung gekommen“, sagte Timm Lutter vom Digitalverband Bitkom. „Die Resonanz zeigt, dass die Technologie riesiges Potenzial hat.“ Auf der IFA in Berlin, die am Freitag für das Publikum öffnet, sind Anwendungen, mit denen der Nutzer in virtuelle Welten eintauchen kann, eines der großen Trendthemen.
Noch befinde sich die Technologie jedoch in einem frühen Stadium, heißt es bei der Beratungsgesellschaft Deloitte, die im Auftrag des Bitkom eine Trendstudie erarbeitete. Zwar werde erwartet, dass noch in diesen Jahr die weltweiten Erlöse mit entsprechender Hardware und Inhalten die Marke von einer Milliarde Euro „deutlich übertreffen“ werden. Umsatzseitig sei es aber immer noch ein „Nischenprodukt“ - im Vergleich mit dem 400 Milliarden Euro schweren Smartphone-Markt handele es sich bei den Prognosen um eine „Winzigkeit“.
Für Deutschland prognostiziert die Trendstudie von Deloitte einen Umsatz von voraussichtlich 158 Millionen Euro in diesem Jahr. Davon entfielen 129 Millionen Euro auf die Hardware wie VR-Brillen, 29 Millionen Euro auf spezielle VR-Inhalte.
Bis 2020 könnte den Marktbeobachtern zufolge allein in Deutschland ein Umsatz von einer Milliarde Euro mit Geräten und Inhalten gemacht werden. „Für eine neue Technologie ist dies ein auffallend starkes Wachstum“, sagte Klaus Böhm von Deloitte.
Wie andere Marktbeobachter auch geht Deloitte davon aus, dass zunächst Computer- und Videospiele die treibende Kraft bei VR sein werden. Potenzielle Nutzer würden sich vor allem dafür interessieren, Games in der virtuellen Realität zu erleben (41 Prozent), ergab die Studie. Danach folgt die Möglichkeit, mit VR-Brillen ferne Orte kennenzulernen (35 Prozent), Musikkonzerte zu erleben (23 Prozent) oder Filme (20 Prozent) und Sportereignisse (19 Prozent) anzusehen.
Für die schnelle Verbreitung der Technologie dürfte aber den mobilen Geräten und Anwendungen die wichtigste Rolle zukommen, sagte Klaus Böhm von Deloitte. Entsprechende Brillen wie Samsungs Gear VR sind vergleichsweise günstig in der Anschaffung und bereits auf dem Markt verfügbar. Samsung hat seine Brille inzwischen 200 000 Mal verkauft. Und die Einsatzszenarien sind vielfältig. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Konsolenhersteller den Trend nachhaltig für sich nutzen können“, sagte Böhm.
Die Games-Branche selbst rechnet damit, dass ihr bei der Verbreitung und Entwicklung von VR eine maßgebliche Rolle zukommt. Auf der Gamescom in Köln konnten die Besucher sich bereits zahlreiche Spieletitel anschauen und etwa aus Adler-Perspektive über Paris fliegen oder sich auf einem Dinosaurier-Planeten durch den Dschungel kämpfen. Auf der IFA wird auch Sony Interactive Entertainment Deutschland vertreten sein und das Headset Playstation VR in den Mittelpunkt stellen, das für die Spielekonsole ab Oktober in den Handel kommen soll.
Aber auch Zeiss wird seine mobile Zeiss VR Plus mit im Gepäck haben, die mit Hilfe eines Smartphones in der Größe zwischen 4,7 und 5,5 Zoll und hochwertiger Linsentechnik in virtuelle Welten entführt. Der Optik-Spezialist ist Neueinsteiger in dem noch jungen Markt. Mittelfristig dürften sich jedoch Geräte im Markt durchsetzen, die ihre VR-Brille eingebettet in ein ganzes Ökosystem anbieten, meinte ein Branchenexperte.
Aber ohne Inhalten wird es keinen Erfolg von Virtual Reality geben. Inhalte-Anbieter aus den verschiedensten Mediengattungen experimentieren inzwischen mit VR-Inhalten. Die Herausforderungen seien dabei nicht zu unterschätzen, betonte Deloitte. „Denn Content für die Virtual Reality erfordert nicht nur den Einsatz neuer Technologien bei Aufnahme und (Post-)Produktion, sondern auch innovative Inhalte-Konzepte bis hin zu einer neuen Art des Storytelling.“ Dennoch sei in den vergangenen Monaten nicht nur die Zahl verfügbarer VR-Inhalte gestiegen, sondern auch deren Qualität.
Eine wesentliche Rolle werde dabei auch Content spielen, den Nutzer selbst erstellten. Hierfür gibt es bereits erste Kameras und Zubehör für eine 360-Grad-Rundumsicht. Samsung zeigt etwa auf der IFA seine Gear 360, die seit rund zehn Tagen im Handel ist. Das Gerät in der Größe einer Billardkugel auf drei kleinen Beinen nimmt mit zwei Kamerasensoren 15-Megapixel-Aufnahmen auf und setzt sie dann zu einem 360-Grad-Video zusammen.