Taste und Touch macht Torch: Blackberrys neue Wege

Berlin (dpa/tmn) - Seit mehr als zehn Jahren ist der Blackberry mit seiner für das Schreiben mit beiden Daumen optimierten Mini-Tastatur das Lieblingshandy vieler Manager. Inzwischen nimmt der Hersteller auch Verbraucher ins Visier und treibt die Touch-Bedienung voran.

Fast jedes Smartphone zeigt neu eingetroffene E-Mails an. Vor wenigen Jahren war die sogenannte Push-Funktion noch dem Blackberry vorbehalten, und der Besitz eines solchen Handys war für erfolgreiche Manager eine Art Statussymbol. Inzwischen geben das iPhone von Apple und die Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android den Ton an. Doch viele halten dem Blackberry weiter die Treue. „Er ist schon oft tot geschrieben worden, hat sich aber in der Nische exzellent positioniert“, sagt der Mobilfunkexperte Mark Wächter in Hattingen an der Ruhr.

Ähnlich wie Apple kann auch der kanadische Blackberry-Hersteller RIM (Research in Motion) Hardware und Software aus einer Hand bieten. „Indem wir sowohl die Hardware als auch die Software entwickeln, können wir sicherstellen, dass Geräte und Software so effizient und fehlerfrei zusammenspielen wie möglich“, sagt Chris Coppess, der für die technische Entwicklung zuständige RIM-Manager.

Das Betriebssystem Blackberry baut auf der Java-Plattform auf. Ursprünglich war die Software ganz auf die Eingabe per Tastatur und einem Trackball als Mausersatz abgestimmt. Seit dem im vergangenen Jahr eingeführten Blackberry OS 6 unterstützt das System aber auch Multi-Touch-Screens, also berührungsempfindliche Displays zur Gestensteuerung mit mehreren Fingern gleichzeitig.

Nun passt sich der Blackberry behutsam den Anforderungen der neuen Touch-Welt an. Der Umstieg von der Tastatur zur Touch-Bedienung sei noch nicht ganz gelungen, findet Carolina Milanesi, die Handy-Expertin des Marktforschungsunternehmens Gartner. Allerdings will RIM auch einen allzu heftigen Kurswechsel vermeiden, um die angestammte Kundschaft nicht zu verärgern. „Blackberry bemüht sich um den Spagat zwischen der alten Positionierung in der Geschäftswelt und den Anforderungen der neuen Smartphone-Klientel“, erklärt Wächter, der als Gründer des Beratungsunternehmens MWC.mobi die Fachgruppe Mobile im Bundesverband der Digitalen Wirtschaft (BVDW) leitet.

In der Blackberry App World gibt es zurzeit mehr als 25 000 Anwendungen - zu vergleichen mit mehr als 300 000 im App Store von Apple. Wichtiger als die Zahl der verfügbaren Apps sei für Blackberry aber die Qualität der Software, betonte RIM-Manager Sascha Lekic während einer Blackberry-Partnerkonferenz in Berlin. Besondere Stärken hat das System nach wie vor beim Mailen sowie beim Chatten im Mobilfunknetz über den Messenger.

„Schnelligkeit ist ein Kernversprechen des Blackberry OS“, erklärt Wächter. „Sobald die Mail auf dem Server ankommt, ist sie fast gleichzeitig auf dem Blackberry.“ Der Blackberry Messenger, kurz BBM, führt die Besitzer von Blackberry-Geräten zum Chat zusammen.

Bei der Textkommunikation spielt der Blackberry seine besonderen Fähigkeiten im effizienten Umgang mit Daten aus. Ähnlich wie bei der Komprimierung von Daten in einem Zip-Container werde beim Mailen nur ein Viertel der sonst üblichen Datenmenge, beim Laden von Webseiten und der Kommunikation in Sozialen Netzwerken nur die Hälfte benötigt, erklärt RIM-Manager Coppess.

Schafft es der Blackberry, sowohl die Manager bei der Stange zu halten, als auch private Verbraucher zu gewinnen? „Das ist die große Frage, die über Erfolg und Misserfolg von RIM entscheiden wird“, antwortet Milanesi. „Zurzeit ist die Verbraucherseite noch unterentwickelt, die Vielfalt der Benutzerführung und das Ökosystem können noch verbessert werden.“ Als Ökosystem wird in der Mobilfunkbranche das gesamte Zusammenspiel von Betriebssystem, Hardware und dem Angebot an Apps bezeichnet.

Interessant wird es, wenn das Blackberry-Betriebssystem Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres von Grund auf erneuert wird. Nach Informationen einschlägiger Technik-Blogs soll Blackberry OS 7 mit dem Tablet-Betriebssystem zusammengeführt werden, auf der Grundlage der besonders schlanken QNX-Plattform, die wie das iOS von Apple seine Wurzeln im Unix-System hat.