Robotik für die Landwirtschaft Überflieger nicht nur auf dem Feld
Hannover (dpa) - Mähdrescher bewegen sich präzise über das Feld - ohne einen Landwirt am Steuer. Das ist keine Zukunftsmusik, sondern Realität.
„Die Landmaschinentechnik ist der Automobilindustrie echt voraus“, sagt Joachim Hertzberg, Robotikexperte vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz.
„Roboter sehen nicht aus wie Roboter, sondern wie Mähdrescher oder Maishäcksler“. Autonom fahrende Agrarmaschinen, gelenkt von Satellitensignalen und Sensoren, dürfen in Deutschland aber nicht auf öffentlichen Straßen fahren.
Was auf dem Feld noch rechtlichen Grenzen unterliegt, ist in der Tierhaltung längst üblich. Kühe werden von Melkrobotern gemolken, die dem Landwirt auch gleich Daten zur Milchmenge jeder einzelnen Kuh liefern. Auch Füttern und Stallausmisten gehört der Vergangenheit an: Kleine, fahrende Roboter schieben Futter hin und die Ausscheidungen automatisch weg.
„Im Pflanzenbereich ist Robotik im Versuchswesen etabliert“, sagt Jan Oehlschläger vom Fachbereich Versuchswesen Pflanze der niedersächsischen Landwirtschaftskammer. Der Feldroboter Bonirob kann beispielsweise durch die Felder fahren und jede einzelne Pflanze auf Stickstoffgehalt und Wasserversorgung überprüfen. Währenddessen kann er Unkraut erkennen, das er gleich vernichtet.
Niedersächsische Entwickler haben eine Smartphone-App erfunden, die Pflanzenschäden erkennt, sie mit einer Bilddatenbank abgleicht und dem Nutzer Tipps zur Bekämpfung der Schädlinge empfiehlt. Für ihre Erfindung mit dem Namen Plantix haben sie den Innovationspreis der IT-Messe CeBIT gewonnen.
Drohnen testen die Forscher der Landwirtschaftskammer im Feldversuch, wo die unbemannten Flieger vor der Ernte die Bestände auf Ertrag und Schäden kontrollieren. „Wir probieren im Versuch aus, was auf die Großbetriebe übertragen werden soll“, erklärt Oehlschläger. Bisher dürfen Drohnen allerdings nur im Sichtbereich fliegen. Es muss also immer noch ein Mensch daneben stehen. „Das geht nicht im Betrieb“, sagt der Pflanzenforscher.
Jan Syré, Vorsitzender vom Bundesverband für unbemannte Systeme, sieht große Chancen für Drohnen im ländlichen Raum. Sie könnten im Transport und in der Logistik wichtig werden, etwa bei der Versorgung mit Medikamenten. „Drohnen dürfen bisher in Deutschland aber nichts abwerfen“, kritisiert er.
Viel mehr als rechtliche Hürden hält Robotikexperte Hertzberg wirtschaftliche Gründe für ausschlaggebend dafür, ob sich die neue Technik auch im Pflanzenbereich durchsetzen wird. „Die Prozesse in der Wertschöpfungskette von der Saat bis zum Brot müssen wir dafür besser vernetzen, die Maschinen miteinander sprechen lassen“, sagt Hertzberg.