Verleger warnen: Urheberrecht darf nicht geschleift werden
Stuttgart/Brüssel (dpa) - Die Zeitungsverleger stemmen sich gegen Eingriffe zu ihren Lasten bei der Reform des europäischen Urheberrechts.
„Kulturgüter und geistige Leistungen dürfen nicht kostenlos sein“, sagte Valdo Lehari jr., Vizepräsident des Europäischen Zeitungsverlegerverbands (ENPA), der Deutschen Presse-Agentur zum Tag des Urheberechts.
Die Verlage wenden sich vor allem gegen Vorschläge der im EU-Parlament federführenden Abgeordnete Julia Reda von der Piratenpartei. Diese will die Verwendung von Fotos, Filmausschnitten und Texten erleichtern und die Regeln in der EU einheitlich gestalten.
Reda hatte argumentiert, technisch überholte und von Land zu Land unterschiedliche Urheberrechtsregeln seien eine unverhältnismäßige Hürde für alltägliche Handlungen im Internet. Sie fordert deshalb einheitliche Schutzfristen und Urheberrechtsschranken in ganz Europa und neue Ausnahmen für die Online-Ausleihe und die automatisierte Auswertung von Text und Daten („text and data mining“).
Lehari kritisierte, Redas Entwurf missachte in „erschreckendem Maße“ die Bedeutung des Urheberrechts für den Erhalt der Medienlandschaft. Die Verleger setzen deshalb große Hoffnungen auf den zuständigen EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU). „Wir wissen das Thema bei Oettinger in guten Händen“, sagte der Verleger des „Reutlinger General-Anzeigers“. Die Zeitungshäuser pochen darauf, dass angesichts des digitalen Wandels das Urheberrecht ausgeweitet und nicht eingeschränkt wird. Der EU-Digitalkommissar will bis zum Sommer einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.
Oettinger hatte erklärt, er wolle dafür sorgen, dass private Nutzer und Unternehmen für die Inhalte anderer im Internet zahlen. Das solle auch für Google und andere Firmen gelten. Verwertungsgesellschaften, die die Abgaben an Künstler und Autoren verteilen, sollten künftig europaweit arbeiten können. Bisher gibt es in den EU-Ländern unterschiedliche Regelungen zum Urheberrecht.
Lehari erläuterte, Deutschland und Spanien hätten mit dem Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverleger einen wichtigen Schritt getan, um journalistische Produkte in der digitalen Welt besser zu schützen. Es sei aber wichtig, dass nun die anderen Länder folgten.
Das deutsche Leistungsschutzrecht räumt den Verlagen das ausschließliche Recht zu, ihre Presseerzeugnisse gewerblich öffentlich zu machen. Davon ausgenommen sind „einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte“, die von Suchmaschinen auch ohne Lizenz verwendet werden dürfen. Nach langem Streit um die Umsetzung des LSR hatten mehrere deutsche Verlage Google schließlich erlaubt, Ausschnitte ihrer Texte weiterhin kostenfrei in den Google-Suchergebnissen anzuzeigen.
Lehari ist seit 2004 Mitglied im Präsidium des Europäischen Zeitungsverlegerverband mit Sitz in Brüssel. Dem Verband gehören Verlegerverbände aus 24 Ländern an. Sie repräsentieren rund 5200 nationale, regionale und lokale Zeitungen.