WLAN im Nahverkehr lässt auf sich warten
Berlin (dpa) - Auf drahtlose Internetzugänge in Regional- und S-Bahn-Zügen müssen Fahrgäste vermutlich noch jahrelang warten.
„Dass WLAN bei den Fahrgästen ein Bedürfnis ist, haben wir verstanden. Wir diskutieren das gerade“, sagte Thomas Geyer, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft Schienenpersonennahverkehr (BAG SPNV), der Zeitung „Die Welt“. „Aber eine Einführung im Nahverkehr ist kein Akt von ein, zwei Jahren. Realistisch ist, dass wir WLAN in circa fünf Jahren in nennenswerterem Umfang im Schienennahverkehr haben.“
Bestellen müssten den Drahtloszugang die Länder, die den Nahverkehr bezahlen. Sie sind nach einer dpa-Umfrage grundsätzlich dafür, Fahrgästen den Zusatzkomfort zu bieten. An der Spitze der Agenda steht das Thema in den Verkehrsministerien aber nicht.
Flächendeckendes WLAN „wäre sicherlich sehr gut“, hieß es aus dem niedersächsischen Verkehrsressort. In einem Flächenland wie Niedersachsen stellten sich derzeit aber „andere Herausforderungen“, etwa die Grundversorgung betreffend, sagte ein Sprecher.
„Aus Kundensicht ist ein flächendeckendes WLAN im Regional- und Nahverkehr grundsätzlich wünschenswert“, teilte das Düsseldorfer Verkehrsministerium mit, „aber auf Jahre - mit Ausnahme von Premiumprodukten wie dem Rhein-Ruhr-Express - in NRW kaum realistisch.“
Zunächst müssten die Züge ausgerüstet werden, was nur bei neuen Zügen wirtschaftlich machbar sei. Zum anderen müsse es entlang der Strecken eine durchgehende Netzabdeckung geben. „Diese lässt jedoch an Bahnstrecken anders als an Autobahnen bislang sehr zu wünschen übrig. Hier sind die Mobilfunkanbieter gefordert.“ Ähnlich äußerte sich das Brandenburger Verkehrsministerium.
Im Fernverkehr der Bahn ist für Fahrgäste in der ersten Klasse der ICE-Züge WLAN inklusive, nächstes Jahr soll die zweite Klasse folgen. Die Fernzüge betreibt die Bahn auf eigene Rechnung und reagiert hier auf die Fernbus-Konkurrenz, die ebenfalls WLAN bietet.
In den Regionen ist die Lage komplizierter: Welches Bahnunternehmen auf den Regionalstrecken fährt, entscheiden die Länder in Ausschreibungen oder ihre Bestellerorganisationen für mehrere Jahre. Das Geld erhalten sie vom Bund: die sogenannten Regionalisierungsmittel.
Einige Länder wollen zumindest auf WLAN vorbereitet sein: Baden-Württemberg, wo viele Liniennetze neu vergeben werden, fordert in Ausschreibungen neue Fahrzeuge mit WLAN. Ähnlich äußerte sich der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV).
Die Vorlauffrist betrage aber rund fünf Jahre, dann könnten die ersten Züge damit ausgestattet sein. Wie hoch die Kosten und damit möglicherweise die Steigerung der Regionalisierungsmittel sein müssten, könne derzeit nicht seriös beantwortet werden, sagte ein RMV-Sprecher. Das Potenzial, zusätzliche Leistungen wie WLAN über bestehende Mittel abzudecken, gehe jedoch gegen Null. Die Länder fordern generell höhere Regionalisierungsmittel.
Die Ausrüstung eines Elektrotriebwagens mit WLAN dürfte etwa 75 000 Euro kosten, hieß es im Verkehrsministerium von Sachsen-Anhalt. Die Betriebskosten hingen ab von der Vertragsgestaltung, der Ausstattung und Datenmenge.
Hoffnung dürfen sich Nahverkehrskunden in Schleswig-Holstein machen. Im sogenannten Netz West mit der Strecke Hamburg-Sylt ist WLAN ab Dezember 2016 vorgesehen - „jedoch vorbehaltlich der Angebote der Bieter“, wie das Verkehrsministerium mitteilte.
In Hamburg plant die Hochbahn, die U-Bahn-Haltestellen mit WLAN auszurüsten. Das Projekt werde aber „längere Zeit in Anspruch nehmen“, so die Hamburger Wirtschaftsbehörde. Bei den Fahrten durch die U-Bahn-Tunnel bleibe es vorerst bei einem Mobilfunk, der Telefonate ermögliche, aber kein schnelles Surfen im Internet.
Weitgehend einig sind sich die Länder darin, dass das WLAN kostenlos sein soll. NRW betont: „Als Teil der Betriebskosten müsste auch ein kostenloses WLAN-Angebot aus Fahrgeldeinnahmen und öffentlichen Zuschüssen refinanziert werden.“