Yosemite öffnet die Tore: Was das neue Mac-Betriebssystem kann
Berlin (dpa/tmn) - Eine schlanke Schrift, die aus der mobilen iOS-Welt inspirierte Mitteilungszentrale, eine verbesserte Suche, der aufpolierte Safari-Browser: Apples neues Mac-Betriebssystem OS X Yosemite hat einiges zu bieten.
Nutzer können es ab sofort ausprobieren.
Das Wort Computer hat Apple im Januar 2007 mit der Vorstellung des iPhone aus dem Firmennamen gestrichen. Tatsächlich macht das Unternehmen mit seinen Smartphones und Tablets inzwischen viel mehr Umsatz als mit seinen Macs. Doch der Computerbereich läuft trotzdem gut: In 31 der vergangenen 32 Quartale wuchs der Marktanteil für iMacs und MacBooks.
Die Geschichte des Mac-Betriebssystems OS X war lange Jahre mit den Namen von Raubkatzen verknüpft: Die erste, noch ziemlich wackelige Version 2001 hieß Cheetah (Gepard), es folgten im Rhythmus von knapp zwei Jahren ständig verbesserte und erweiterte Versionen: Puma, Jaguar, Panther, Tiger, Leopard, Snow Leopard, Lion, und 2012 schließlich Mountain Lion. Vor einem Jahr verkündete Software-Chef Craig Federighi, dass die künftigen Varianten des Mac-Betriebssystems nach Sehenswürdigkeiten in Kalifornien benannt werden. Damals stelle er OS X Mavericks vor - Pate stand das Surfer-Paradies Mavericks südlich von San Francisco. Nun folgt OS X Yosemite, bei dem der gleichnamige Nationalpark als Namenspatron dient.
Bei den meisten OS-X-Versionen durften nur bei Apple eingetragene Entwickler die Software vorab ausprobieren und auf Herz und Nieren testen. Doch nun lädt Apple zu einem großangelegten Beta-Test ein. Eine Million Mac-User können von Donnerstag an (24. Juli) die System-Software auf ihren Rechnern Probe fahren. Zuletzt hatte Apple im September 2000 einen so großen Massentest gestartet, um mit der Public Beta von Mac OS X (Kodiak) den Marktstart des neuen Systems vorzubereiten. Was OS X Yosemite alles kann, das zeigt ein erster Test des Betriebssystems.
Das neue Mac-Betriebssystem hat sich von der Optik stark an das Mobilsystem iOS angenähert. Es bekam die schlanke Systemschrift Helvetica Neue, die vor allem auf Macs mit einem besonders hochauflösenden Bildschirm (Retina-Display) eine gute Figur macht. Die Seitenleisten sind transparent. Ähnlich wie bei iOS entfernte Apple-Designchef Jony Ive konsequent unnötige optische Spielereien und lässt beispielsweise das Dock am unteren Bildschirmrand nun nicht mehr dreidimensional erscheinen. Auch die „Ampelknöpfe“ an einem Fenster sind nun flach.
Anlehnungen an iOS gibt es auch bei der Heute-Ansicht in der Mitteilungszentrale. Dort erscheinen künftig nicht nur Erinnerungen oder Kalendereinträge, sondern auch Wetterprognosen oder ausgewählte Aktienkurse. Über sogenannte Widgets öffnet Apple diesen Platz auch Drittanbietern, die etwa Live-Ticker von Sport-Veranstaltungen oder Tracking-Dienste für Pakete anbieten können. Deutlich ausgebaut hat das Entwickler-Team bei Apple auch die OS-X-Suchfunktion Spotlight. Der Suchschlitz erscheint nach dem Tastatur-Befehl „CMD+Leertaste“ in bester Google-Manier mitten auf dem Bildschirm. Dort kann man nun nicht nur lokale Inhalte auf der Festplatte durchsuchen, sondern auch Dienste aus dem Netz wie die Suchmaschine Bing, das Online-Lexikon Wikipedia oder Datenbanken mit dem Kino-Programm. Einige Funktionen gehen in der deutschen Version noch nicht, sollen aber folgen.
Mehr Platz für die eigentlichen Inhalte räumt Apple beim Web-Browser Safari frei. Die Titelzeile, die den Namen der Site anzeigt, ist weg. In der Fensterleiste stehen die „Ampelknöpfe“ direkt neben den Vor- und Zurück-Buttons sowie dem Adressfeld. Optik und Funktionalität von Safari für den Mac orientieren sich stark an iOS. Apple nimmt dabei auch auf die gestiegenen Ansprüche in Sachen Datenschutz Rücksicht. Zu den Standard-Suchmaschinen, die man auswählen kann, gehört neben Google, Bing und Yahoo auch der Anbieter DuckDuckGo, der Suchanfragen der Anwender nicht einem Profil zuordnet. Der Safari-Nutzer kann nun mit Bordmitteln auch stärker eine unerwünschte Verfolgung durch aufdringliche Werbedienste unterbinden und beispielsweise die Annahme der Cookies von Drittanbietern generell untersagen, ohne dass der Komfort eines gespeicherten Logins verloren geht.
Yosemite bietet weiterhin eine Alternative zu Web-Speicherdiensten wie Dropbox. Dazu wurde nicht nur der Speicherplatz bei iCloud drastisch billiger, sondern auch die Einbindung in andere Programme einfacher. So kann man in Apples E-Mail-Programm nun große Anhänge versenden, ohne das Postfach des Empfängers zu verstopfen - die Daten werden verschlüsselt in iCloud zwischengespeichert. Beim Nachrichten-Programm Messages ließ Apple sich von WhatsApp inspirieren. Man kann Nachrichten in das Mikrofon des Macs sprechen und als sogenannte Soundbites ausliefern lassen.
Eine wichtige Neuerung können die Beta-Tester ohne Entwickler-Status noch nicht ausprobieren, nämlich das Zusammenspiel zwischen iOS und OS X. Dafür braucht man die neue Version iOS 8, die erst mit dem neuen iPhone später in diesem Jahr auf den Markt kommen wird. Die Preview auf dem Entwicklerkongress WWDC sah aber vielversprechend aus. Hier demonstrierten Federighi und sein Team beispielsweise, wie man am Mac via Bluetooth-Verbindung zu einem iPhone im Mobilfunknetz telefonieren oder Anrufe an das iPhone am Mac entgegennehmen kann. Notizen oder E-Mails, die man unterwegs halbfertig geschrieben hat, können nahtlos an dem größeren Bildschirm des Macs vervollständigt werden. So landen auch SMS an das iPhone auf dem Mac-Display. Wie von Geisterhand kann der Mac nun auch einen mobilen Hotspot auf dem iPhone aktivieren, wenn er keine andere Datenverbindung hat. Dazu muss das Smartphone nicht einmal aus der Tasche herausgeholt werden.
Verbesserungen wie diese werden dazu beitragen, dass Mac-User schnell und in Massen auf das neue System umsteigen, zumal Apple für OS X Yosemite kein Geld verlangen wird. Nach Auskunft von Apple wird das System auf allen Rechnern laufen, auf den auch Mountain Lion (OS X 10.8) und Mavericks (10.9) liefen. Besonders attraktiv ist das neue System für Anwender, die vor einem Mac mit Retina-Display sitzen.
Apple weist Anwender, die an dem Test teilnehmen wollen, vorsorglich darauf hin, dass es sich eine um Beta-Software handelt, die sich noch in der Entwicklungsphase befindet. Einige Programme und Services könnten noch nicht so funktionieren wie erwartet. Daher sollten die Tester nicht ihren Haupt-Mac für den Test einsetzen und vor der Installation der Beta-Version ihre Daten sichern. Ein Upgrade von der Beta-Software auf die endgültige Version wird möglich sein.