Zetsche: CES-Konzeptauto im nächsten Jahrzehnt auf der Straße
Las Vegas (dpa) - Selbstfahrende Autos sollen zwar viele Unfälle vermeiden. Was passiert aber in den Situationen, wenn eine Kollision unvermeidlich ist? Soll der Computer in einen Kleinwagen oder einen Laster fahren?
Das müsse mit Algorithmen geklärt werden, sagt Daimler-Chef Zetsche.
Der in Las Vegas präsentierte selbstfahrende Mercedes-Prototyp dürfte laut Daimler-Chef Dieter Zetsche im nächsten Jahrzehnt regulär auf die Straße kommen. „Wir werden sicher schon in den nächsten Jahren auch mit höheren Geschwindigkeiten auf Strecken wie Autobahnen autonom unterwegs sein“, sagte Zetsche in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur auf der Technik-Messe CES in Las Vegas. Man müsse Schritt um Schritt vorgehen. „Ein Auto, wie es draußen auf dem Messestand steht, sehe ich im nächsten Jahrzehnt auf der Straße.“
Dabei sei die Klärung offener rechtlicher und ethischer Probleme für den Zeitplan entscheidend - „die wesentlichen Technologien dafür sind schon serienreif“. Dabei gehe es neben Haftungsfragen auch um das Verhalten der Technik bei einem Unfall.
Zetsche hatte das Problem schon bei der Präsentation des von Grund auf für das autonome Fahren entwickelten Prototypen F015 ungewöhnlich offen für einen Autokonzern-Chef angesprochen. Es gehe um Situationen, „wenn die einzige Wahl zwischen dem Zusammenstoß mit einem kleinen Auto oder einem großen Lastwagen ist, oder es in einen Graben oder in eine Wand zu fahren - oder man riskiert, eine Mutter mit Kinderwagen oder einen 80-jährigen Großvater zu erfassen“.
Das Auto entscheide dabei nicht selbst, sondern folge nur dem vorgebenen Algorithmus, betonte Zetsche in dem dpa-Interview. „Diese Entscheidungen werden von den Herstellern und dem Gesetzgeber gemeinsam getroffen werden müssen.“ Solche Situationen würden zwar in der Zukunft ungleich seltener eintreten als heute - „aber auch für diese wenigen Fälle muss man diese Diskussion führen“.
Die ethische Frage ist ein ernsthaftes Problem für die Ära der selbstfahrenden Autos. „Es wird Unfälle geben“, sagte ein Manager eines großen internationalen Autozulieferers in Las Vegas. Darauf müsse man sich vorbereiten. Es sei eine Gefahr für die Branche, dass diese Situationen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Aufmerksamkeit erwecken als die vielen vermiedenen Unfälle.
Daimler sorgte auf der traditionell auf die Elektronik-Industrie ausgerichteten Messe für viel Aufsehen mit dem F015. Auch der deutsche Konkurrent Audi setzte einen Meilenstein für die Technik mit der rund 900 Kilometer langen Tour eines selbstfahrenden Wagens des Modells A7 aus dem Silicon Valley nach Las Vegas. „Ich glaube, dass die deutschen Hersteller vorne sind“, sagte Zetsche. „Jetzt geht es darum, dass wir diese Position auch halten.“
Das Angebot von Toyota, mehrere Jahre lang die Patente des japanischen Konkurrenten für Brennstoffzellen-Technologien kostenlos zu nutzen, stößt bei Daimler auf kein Interesse. „Das ist genauso eine PR-Aktion wie das Angebot von Tesla-Chef Elon Musk bei den Batterie-Patenten“, sagte Zetsche. „Wir sind bei der Wasserstoff-Technologie auf dem gleichen Niveau mit Toyota.“
Aktuell gehe es vor allem darum, einen Systemwandel mit der Verfügbarkeit und CO2-freien Erzeugung von Wasserstoff hinzubekommen. Dafür arbeite Daimler mit Nissan und Ford zusammen. Der in Las Vegas präsentierte selbstfahrende Prototyp F015 hatte einen Brennstoffzellen-Antrieb.
Toyota hatte auf der CES angekündigt, 5680 Patente für Brennstoffzellen-Technologie der Konkurrenz kostenlos zur Verfügung zu stellen, um den Markt in Bewegung zu bringen. Das Angebot solle für die Einführungszeit des ersten kommerziell vermarkteten Brennstoffzellen-Modells „Mirai“ von Toyota voraussichtlich bis Ende 2020 gelten. Die 170 Patente für Nachfüllstationen will Toyota sogar unbegrenzt gratis nutzen lassen.
Bei der Technologie wird Wasserstoff in Strom umgewandelt. Die Brennstoffzelle gilt als umweltfreundlich, weil keine Abgase entstehen. Aber vor allem die Kosten bleiben weiterhin ein Problem.