Krefelder protestierten gegen Sklaverei
Einer der Mitinitiatoren des ersten Sklavenprotestes in den USA war Abraham Isacks op den Graeff aus Krefeld. „Dagegen, dass man Menschen hierher bringt, sie raubt und gegen ihren Willen verkauft, erheben wir Einspruch“, hieß es damals im Protestbrief.
Wenn in den Vereinigten Staaten von Amerika die Rede auf die „Original 13“ kommt, sind damit jene 13 Familien gemeint, die 1683 aus Krefeld als erste organisierte Gruppe aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nach Nordamerika ausgewandert sind. Es waren vor allem Mennoniten, die zum Quäkertum konvertierten. Zu ihnen zählte auch der vor 370 Jahren geborene Abraham Isacks op den Graeff. Der Leinenweber gehörte zu den Initiatoren des ersten Protestes gegen die Sklaverei in Nordamerika.
Die Auswanderungsgruppe setzte sich in erster Linie aus Leinewebern zusammen, die sich zuvor dem Quäkertum angeschlossen hatten. Dazu kamen mennonitische Kaufleute. Ein Land ohne Repressalien, wo sie ihren Glauben frei leben können – dieses Versprechen brachte der Theologe Franz Daniel Pastorius im April 1683 den Mennoniten und Quäkern nach Krefeld. In Frankfurt und Köln hatte er schon für eine neue Kolonie in Nordamerika geworben, die der Quäkermissionar William Penn gegründet und Pennsylvania genannt hatte.
Sie konnten sich nicht vorstellen, dass es in den USA Sklaven gibt
Nach 49 Tagen auf See erreichten sie die amerikanische Küste. Am 6. Oktober gelangte die Gruppe an ihr Ziel, die Stadt Philadelphia im heutigen US-Bundesstaat Pennsylvania. In der Nähe gründeten die Krefelder am 26. Oktober Germantown unter der Führung von Franz Daniel Pastorius. Auf ihrem Weg nach Pennsylvania erlebten die 13 Familien aus Krefeld kommend bereits in Rotterdam zum ersten Mal den Sklavenhandel. Sie hörten in der niederländischen Hafenstadt grausame Geschichten von der Verschleppung der Menschen aus Afrika in die Neue Welt. Sie konnten sich nicht vorstellen, dass sie im Land der Bruderliebe Sklaven besitzen könnten. Diese Eindrücke blieben bei ihnen in Erinnerung als sie am Delaware ankamen.
Die Realität an der Ostküste im 17. Jahrhundert sah jedoch anders aus: Puritaner und Quäker, die sonst für die allgemeinen Menschenrechte eintraten, hatten keine Probleme mit dem Menschenhandel und hielten diesen nicht für Unrecht. Aus den Reihen der Krefelder Siedler waren es wohl Quäker, die den Anstoß für eine Ablehnung der Sklaverei gaben. Am 18. April 1688 wurde im Haus des Krefelders Thones Kunders dieser erste öffentliche Protest gegen die Sklaverei in Amerika formuliert. Er richtete sich an die Monatsversammlung der Quäker und beinhaltete zwar keinen allgemeinen Protest gegen die Sklavenhaltung, jedoch adressierten sie ihn an ihre Glaubensbrüder, die Sklaven besaßen und handelten. Der Schreiber, so lässt es jedenfalls die Handschrift vermuten, war Franz Daniel Pastorius, auf den offenbar auch die Formulierung zurückgeht. Unterschrieben ist es in der Reihenfolge von Gerrit Hendricks, Derijck op den Graeff (Krefeld), Franz Daniel Pastorius und Abraham op den Graeff (Krefeld).
Hendricks war ein Quäker aus Kriegsheim, der 1685 nach Germantown kam. Das Protestschreiben richtete sich direkt an die Quäker. In diesem steht unter anderem: „Gibt es irgendjemand, der zufrieden wäre, wenn ihm so geschähe oder wenn man ihn so behandele, nämlich ihn verkaufte und für seine Lebzeit zum Sklaven machte? […] Sie sind schwarz, aber wir begreifen nicht, wie dies ein besseres Recht gibt, sie zu Sklaven zu machen, als weiße zu halten. Es ist uns gesagt, wir sollen allen Menschen tun, wie wir wünschen, dass uns selbst geschehe; kein Unterschied darf gemacht werden mit Rücksicht auf Nation, Abstammung und Farbe. […] Aber dagegen, dass man Menschen hierher bringt, sie raubt und gegen ihren Willen verkauft, erheben wir Einspruch! In Europa müssen viele Unterdrückungen erleiden, des Gewissens halber; hier unterdrückt man Menschen von schwarzer Hautfarbe. […] Es bringt euch in schlimmen Ruf, wenn man in Europa erzählt, dass die Quäker hier mit Menschen verfahren, wie man dort mit dem Vieh verfährt. […] Findet ihr, das es in Ordnung ist, die Schwarzen auf diese Weise zu behandeln, so bitten und ersuchen wir euch hiermit in aller Liebe, uns zu belehren (was bisher nie geschehen ist), das nämlich Christen die Befugnis haben, so zu verfahren, auf dass wir über diesen Punkt beruhigt werden und unsere Freunde und Bekannten in unserem Geburtsland beruhigen. Jetzt ist es für uns hier einschrecklicher Gedanke, dass man in Pennsylvanien Menschen auf diese Weise knechtet.“
Folgen hatte dieser Protest nicht. Es mussten noch fast zwei Jahrhunderte vergehen, ehe sich an der „Sklavenhaltung“ in den USA etwas änderte. Die Unterzeichner im Haus des Krefelder Kunders hatten 1688 zumindest eine Vision, einen Traum von einem anderen Miteinander in der Neuen Welt. Kunders Haus war übrigens das letzte erhaltene Siedlerhaus in Germantown und wurde erst 1979 abgerissen — für einen Parkplatz. An Franz Daniel Pastorius, der am 27. September 1719 in Germantown starb, erinnert heute eine Straße im Krefelder Stadtteil Linn. Abraham Isacks op den Graeff lebte noch bis zum 25. März 1731. Red