Auch MiracleMan kann es nicht mehr richten
"Superhero" ist ein brillanter tragikomischer Roman über einen sterbenden Jungen.
Düsseldorf. "Donald Delpe. Vierzehn. Magerer Junge. Schultern dürr wie Kleiderbügel. Schräger Vogel. Keine Augenbrauen, keine Haare. Gesicht wie eine Pellkartoffel." Donald ist der Held des neuen Romans von Anthony McCarten - allerdings nicht der im Titel benannte "Superhero". Diese Rolle übernimmt MiracleMan, eine Comicfigur, die sich der krebskranke Junge ausdenkt, um dem düsteren Alltag zwischen Chemostation und Schule zu entfliehen.
Donald wohnt mit seiner Familie in London. Er hat Leukämie, was seine gesamte Umgebung mehr in Aufruhr versetzt als ihn selbst. Stoisch erträgt er die Strahlentherapie, fühlt sich danach wie ein "Tschernobyl auf zwei Beinen" und möchte nach der Chemo am liebsten seine Eingeweide "in alphabetischer Reihenfolge auskotzen". Sein Comic-Held MiracleMan erträgt nichts stoisch, sondern kämpft mit aller Muskelkraft, die Donald schon lange nicht mehr aufbringen kann, gegen den Feind Dr. Gummifinger.
Seine mit der Situation überforderten Eltern schicken Donald zu dem Psychologen Adrian, mit dem sich bald so etwas wie eine Freundschaft entwickelt. Er will dem Jungen noch etwas Lebensfreude vermitteln - und ihm seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen: noch einmal die Liebe zu erleben. Er stellt den Kontakt her zu "Tanja", einer Edel-Hostess, die den Erotik-Fantasien von Donald à la Lara Croft am ehesten entspricht. Doch dann kommt in der geplanten Liebesnacht alles ganz anders . . .
Unsentimental und trotzdem anrührend schildert McCarten das Schicksal dieses krebskranken Jungen - ein heikles Thema für eine Tragikomödie. Der Autor versetzt sich genauso einfühlsam in die Situation der Eltern und in deren Ängste wie in die Psyche des Jungen, der natürlich die gleichen Träume und Wünsche hat wie andere Pubertierende auch. Nur dass bei ihm eine Zeitbombe tickt.