Autor und Regisseur Oliver Storz gestorben

München (dpa) - Mit Leichtigkeit zog Oliver Storz sein Publikum in seinen Bann: Dezent und zugleich direkt und prägnant - so sprach er und so schrieb er. Der Schriftsteller und Filmemacher ist nach schwerer Krankheit mit 82 Jahren am 6. Juli in seinem Haus in Egling bei München gestorben.

Dies teilte der Präsident des Schriftstellerverbandes PEN, Johano Strasser, mit und bestätigte einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. „Trotz seines hohen Alters hat er immer noch Filme gemacht und Bücher geschrieben, die Eindruck gemacht haben auch bei jungen Leuten“, würdigte ihn Strasser.

Der Schriftsteller Martin Walser bezeichnete ihn in einem Nachruf in der „Süddeutschen Zeitung“ als „Erzähler mit einem Feingefühl für Richtigkeit, Gerechtigkeit und Schicksalspointen, die moralisch nicht anfechtbar sind“.

Immer wieder war es das Chaos am Ende des Zweiten Weltkrieges und die erste Nachkriegszeit: In vielen Werken beschrieb Oliver Storz bildhaft, direkt, tabulos und mit satirischem Blick diesen Teil der deutschen Geschichte. „Ich könnte 100 werden und könnte immer noch Geschichten aus dieser Zeit erzählen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa zu seinem 80. Geburtstag.

Storz konnte sich einen Ruhestand nicht vorstellen. Im Jahr 2000 wurde er Mitarbeiter der „Süddeutschen Zeitung“ und verfasste Texte für die Medienseite. Zu seinem 80. Geburtstag 2009 zeigte die ARD seinen neuen Film „Die Frau, die im Wald verschwand“, ein Sittenbild der 1950er Jahre. „Ich kann nicht leben, ohne innerlich etwas hervorbringen zu wollen. Und wenn Sie mich morgen an den schönsten Strand von Mallorca verpflanzen - ich fange sofort an, eine Geschichte zu schreiben, die in Mallorca spielt“, sagte Storz.

Die Familie, die beiden Töchter und die Enkel, das sei ihm sehr wichtig. Dennoch: „Was ich brauche, ist ein Stoß Papier, eine alte abgeklapperte Reiseschreibmaschine, eine Kanne Kaffee und eine Schachtel Zigaretten.“ Denn das Rauchen hat er, ähnlich wie Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt, bis ins hohe Alter nicht aufgegeben.

Storz wuchs in Schwäbisch Hall auf. Sein Vater Gerhard war Kultusminister von Baden-Württemberg und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Nach dem Studium der Germanistik, Romanistik und Anglistik war Storz kurze Zeit Lehrer, arbeitete dann aber als Kulturkritiker. 1960 wechselte er als Autor, Dramaturg und Produzent in die Fernsehabteilung der Bavaria in München. Bekannt wurde er besonders mit dem Fernsehspiel „Das tausendunderste Jahr“ (1979), in dem zwei 16-Jährige das Jahr 1945 erzählen. Einen fulminanten Erfolg erzielte er 1988 mit der erotischen Komödie „Das Viereck“.

Besonders mit seinen vielfach ausgezeichneten TV-Geschichten vor dem Hintergrund des endenden Zweiten Weltkriegs trug Storz zur Entwicklung der Filmkunst im Fernsehen bei. Mit Bruno Ganz in einer Hauptrolle realisierte er „Gegen Ende der Nacht“ um einen fünffachen Mord im Dezember 1945 und bekam dafür 1999 den Adolf-Grimme-Preis in Gold. Aufsehen erregte 2003 sein zweiteiliges Fernsehspiel „Im Schatten der Macht“ über den früheren Bundeskanzler Willy Brandt. Die Rolle des DDR-Kanzleramtsspions Günter Guillaume verkörperte Brandts Sohn Matthias, einer seiner Lieblingsschauspieler.

Als Spezialist für die „sogenannte Bewältigung der Vergangenheit“ sehe er sich aber nicht, hatte Storz betont. „Ich habe genug Filme gemacht, die in 1950er, 1960er und 1970er Jahren spielen, und ich habe auch Komödien gemacht.“ Dennoch: Am Tag von Hitlers Selbstmord sei er 16 Jahre alt geworden. Ein Vierteljahr zuvor war er zum „Volkssturm“ eingezogen worden. „Wenn Sie das erlebt haben, in diesem Alter, das prägt ungeheuer.“

In seinem Roman „Die Freibadclique“ von 2008 erinnerte sich Storz an den letzten Kriegssommer 1944 - angestoßen durch die Debatte um Günter Grass, der sich 2006 zu seiner Mitgliedschaft als Jugendlicher in der Waffen-SS bekannt hatte. Das Buch beschreibt, wie SS-Schergen Jugendliche bei der vermeintlich freiwilligen Werbung massiv unter Druck setzten, bis sie endlich unterschrieben.

Martin Walser lobte an in seinem Nachruf vor allem die Tapferkeit und Zartheit seines Freundes. „Und wenn er jetzt nicht gestorben wäre, wüsste ich nicht, was ich verloren habe. Das heißt, ich lebe von der Illusion, ihm nachrufen zu können: Lieber Oliver, so zart und tapfer wie Du warst, ist jetzt keiner mehr.“