Der Sieg eines Debütromans

Maja Haderlap, die Gewinnerin des Bachmann-Preises, spricht über ihr Buch.

Klagenfurt. Die Jury beim Bachmann-Preis, einer der wichtigsten Literaturpreise im deutschsprachigen Raum, ist berüchtigt für ihre scharfe Kritik. Doch an Maja Haderlaps Debütroman „Engel des Vergessens“ hatte sie kaum etwas auszusetzen. Die Jury beschreibt die Südkärntner Dorf- und Familiengeschichte zum Widerstand der Slowenen gegen die deutsche Wehrmacht als „makellos, präzise gearbeitet, poetisch und tiefgründig“.

Frau Haderlap, haben Sie schon lange mit einer Teilnahme am Wettbewerb geliebäugelt?

Haderlap: Nein! Ich habe zwar jahrelang die Lesungen des Wettbewerbs besucht, aber immer gedacht: „Da würd’ ich nie mitmachen.“ Jetzt fühle ich mich wie über den Wolken schwebend.

Wie ist es dann doch dazu gekommen?

Haderlap: Da ist vieles zusammengekommen. Ich habe ja in jungen Jahren angefangen, Gedichte zu schreiben. 1983 ist mein erster Band erschienen — da war ich Anfang zwanzig. Danach habe ich gearbeitet, zuletzt als Chefdramaturgin hier am Stadttheater. Da hat man keine Zeit für längere Prosaarbeiten.

In welcher Ihrer beiden Sprachen haben Sie Ihre Gedichte geschrieben?

Haderlap: Lyrik habe ich lange Zeit nur auf Slowenisch geschrieben. Das ist meine Muttersprache. Ich stamme ja aus dem südlichsten Ort Österreichs mit einer starken slowenischen Volksgruppe.

Das ist auch das zentrale Thema in Ihrem Debütroman. Hat das damalige Geschehen in Ihrer Familie eine wichtige Rolle gespielt?

Haderlap: Diese Vorgänge waren bei uns immer gegenwärtig, häufig wurde davon gesprochen. Der Roman hat viele autobiografische Details. Mein Vater, mein Onkel, die anderen haben das alles beim Widerstand gegen die Nazis tatsächlich erlebt.

Und dieses Thema konnten Sie so lange in sich bewahren?

Haderlap: Ja, aber vor ein paar Jahren konnte ich es dann nicht mehr. Da habe ich meinen Vertrag beim Stadttheater nicht mehr verlängert und habe das, was so lange in mir gewirkt hatte, heraus gelassen, habe diesen Roman geschrieben.

Wie ging das ohne den Broterwerb?

Haderlap: Mein Mann Klaus hat mich unterstützt. Er ist Professor für Germanistik und leitet das Musil-Haus hier in Klagenfurt. Und er hat mich vor allem bestärkt, dieses Buch endlich zu schreiben. Das Problem der slowenischen Minderheit, die sich gegen Angriffe und Ausgrenzung rechter Parteien wehren muss, ist hier in Kärnten ja ständig gegenwärtig. Es geht nicht nur um Vergangenheit.

Konnte er Sie auch bewegen, sich hier am Wettbewerb zu beteiligen?

Haderlap: Das hat er zum Glück nicht versucht. Mein Lektor im Wallstein Verlag, Thorsten Ahrend, war so überzeugt von dem Buch, dass er — dann im Zusammenwirken mit meinem Mann — mich zur Teilnahme überredet hat. Und schließlich hat mich die Jurorin Daniela Strigl für den Wettbewerb nominiert.

In welcher Sprache haben Sie Ihren ersten Roman geschrieben?

Haderlap: Ich habe „Engel des Vergessens“ ganz bewusst auf Deutsch geschrieben. Das hat mir die notwendige Distanz zu den in meiner Familie immer auf Slowenisch gehörten Tatsachenberichten verschafft.

Und wie geht es weiter?

Haderlap: Erst einmal hatte ich meinen Preis-Scheck über 25 000 Euro verbummelt — jetzt ist er aber wieder da. Aber ernsthaft: Das Erscheinen des Romans ist vorgezogen, ich werde zunächst einmal das Buch und seinen Gegenwartsbezug offensiv vertreten. Und dann habe ich zwei weitere Projekte auf dem Tisch.