Bachmann-Preisträgerin Otoo will Roman schreiben

Berlin (dpa) - Mit der doppelbödigen Geschichte über ein Ei, das nicht hart werden will, hat die in Berlin lebende Autorin Sharon Dodua Otoo (43) am Sonntag in Klagenfurt den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen.

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Im dpa-Interview verrät die afrikanischstämmige, gebürtige Londonerin, was sie mit dem Preisgeld machen will. Und warum sie eigentlich gar nicht gern auf Deutsch schreibt.

Frage: 25 000 Euro Preisgeld - was machen Sie damit?

Antwort: Das weiß ich noch nicht. Ich habe immer viele Projekte, und ich will jetzt in Ruhe überlegen, welches ich umsetze. Ich träume davon, dass aus dem Text ein Roman wird, und jetzt habe ich die Möglichkeit, dafür mehr Zeit zu investieren.

Frage: Bisher waren Sie auf die kurze Form abonniert ...

Antwort: Ich empfinde mich selbst als sehr ungeduldig. Ich will immer, dass alles gleich fertig ist. Aber ich denke, es ist eine tolle Herausforderung für mich, einen Roman zu schreiben. Und diese Geschichte schreit nach einer gründlichen Recherche und der Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. Ich freue mich drauf, dass ich das jetzt machen kann.

Frage: Stimmt es, dass Sie gar nicht gern auf Deutsch schreiben?

Antwort: Ja, das stimmt. Und es ist eine Ironie, dass ich jetzt einen Preis dafür bekommen habe. Ich finde es schwierig mit Deutsch. Ich weiß zwar, was ich schreibe, aber ich weiß nicht so genau, wie es ankommt, ob es genau das ist, was ich meine. Deshalb schreibe ich lieber auf Englisch. Diesen Text „Herr Gröttrup“ habe ich auf Deutsch geschrieben, weil es so eine deutsche Geschichte ist. Das musste ich in Deutsch ausdrücken.

Frage: Wie kamen Sie auf die Geschichte?

Antwort: In dem Film „Night on Earth“ von Jim Jarmusch kommt ein Mann Helmut vor, in den habe ich mich verliebt. Ich habe dann immer gescherzt, wenn ich eine Geschichte über einen weißen deutschen Mann schreibe, heißt er Helmut. Und dann habe ich gegoogelt und alle Helmuts gefunden - und Gröttrup hat gewonnen mit dem schönsten Nachnamen.

Frage: Wo haben Sie überhaupt Deutsch gelernt?

Antwort: Ich bin in London geboren, meine Eltern sind aus Ghana. In den 60er Jahren waren Menschen aus dem Commonwealth in Großbritannien sehr willkommen, als Kind bekam ich damals automatisch die britische Staatsbürgerschaft. Deshalb hatte ich alle Chancen - zum Beispiel bei der Bildung. Ich konnte in London Germanistik und Betriebswirtschaft studieren, vor dem Studium und währenddessen hatte ich Auslandsjahre erst in Hannover, später in Berlin. Meine erste deutsche Brieffreundin hatte ich mit 13, zu ihr habe ich immer noch Kontakt.

Frage: Haben Sie angesichts des Brexit-Votums überlegt, ihre Staatsbürgerschaft zurückzugeben?

Antwort: Ich hätte das nie gedacht, aber ich habe in den letzten zwei Wochen gemerkt, dass ich total patriotisch geworden bin. Ich bin erschüttert, dass die wirklich für den EU-Austritt gestimmt haben. Bei mir entsteht das Gefühl: Nein, ich möchte mein Großbritannien zurück und ich möchte dafür kämpfen, dass ich weiterhin Britin und weiterhin Europäerin bin!

ZUR PERSON: Sharon Dodua Otoo, 1972 in London geboren, bezeichnet sich selbst als „Schwarze, britische Mutter, Aktivistin, Autorin und Herausgeberin“. Am Sonntag erhielt sie beim Lesewettbewerb in Klagenfurt den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis. Seit 2006 lebt die Britin in Berlin, sie ist alleinerziehende Mutter von vier Söhnen (20, 17, 13 und 4 Jahre alt).