Lesen Besucherplus bei der Leipziger Messe
Leipzig (dpa) - Auf der Suche nach dem Leser von morgen: Die Buchbranche setzt für die Zukunft verstärkt auf die Nutzung intelligenter Technologien. Unter dem Motto Neuland 2.0 öffnete am Freitag bei der Leipziger Buchmesse ein Startup-Village, das neue Erfindungen und Ideen für den Buchmarkt vorstellt.
„Die Buch- und Medienbranche erlebt einen rasanten Veränderungsprozess“, sagte Buchmesse-Direktor Oliver Zille der Deutschen Presse-Agentur. „Wir wollen zeigen, welche Innovationen für die Literaturvermittlung von morgen zur Verfügung stehen und wie Autoren und Verlage das kreative Potenzial neuer Technologien nutzen können.“
Zur Halbzeit meldete die Messe erneut ein Besucherplus. Bei kühl-trockenem Wetter kamen bis zum Freitagnachmittag rund 80 000 Menschen - im vergangenen Jahr waren es zu dieser Zeit etwa 75 000 gewesen. „Wir freuen uns über die Besucherresonanz und fühlen uns mit unserem Programm bestätigt“, sagte Pressesprecherin Ruth Justen.
Zu den vorgestellten Innovationen aus dem Startup-Village gehört etwa das Softwareprogramm Booktype, das den gesamten redaktionellen Prozess der Buchherstellung abbildet. „Autoren, Herausgeber und andere Beteiligte können gleichzeitig miteinander arbeiten und kommunizieren, so dass ein Buch schneller herauskommt als jemals zuvor“, sagt Julian Sorge von der Berliner Erfinderfirma.
Die Talentplattform MyPoolitzer hilft jungen Autoren, mit Verlagen in Kontakt zu kommen. Als „Revolution des Schreibens und Lesens“ stellte die Autorin Jasmin Wollesen („Stachelzart“) zudem die digitale Literaturplattform Snipsl vor. Dort können die Leser den Entstehungsprozess eines Buches „Schnipsel für Schnipsel“ begleiten und sogar eigene Vorschläge machen.
Neu ist auch der Prototyp eines sogenannten aBook. Es verfolgt die Augenbewegung des Lesers am Bildschirm und spielt ihm zu seiner Lektüre die passenden Geräusche und Klänge ein. „Die Frage, wie sie mit neuen Präsentationsformen neue Leser gewinnen können, treibt die Verlage sehr um“, sagt Neuland-Projektmanagerin Nora Furchner.
Die Kinder- und Jugendliteratur setzt sich nach Ansicht der Experten zunehmend auch mit dem gesellschaftlichen Wandel auseinander - mehr Alleinerziehende, mehr Patchwork- und Regenbogenfamilien. Nach dem neuen Trendbericht zum Kinder- und Jugendbuch gehörten neben dem Fantasy-Trend die veränderten Lebensrealitäten zu den großen aktuellen Themen in den Büchern für junge Leser, wie die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) mitteilte.
Etwa ein Sechstel des Umsatzes mit Büchern wird nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels mit Kinder- und Jugendliteratur gemacht. Er stieg 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 9 Prozent. Einige Bestseller wie „Harry Potter“ oder „Gregs Tagebuch“ hätten das Geschäft beflügelt, hieß es.
Nach der Verleihung des Leipziger Buchpreises an die ukrainisch-russischstämmige Autorin Natascha Wodin („Sie kam aus Mariupol“) am Donnerstag gab es am Freitag erneut Auszeichnungen. Der Frankfurter Verlag Schöffling & Co. erhielt den mit 26 000 Euro dotierten Kurt-Wolff-Preis für unabhängige Verlage. Der mit 5000 Euro dotierte Förderpreis ging an den erst knapp drei Jahre alten Berliner Guggolz Verlag.
Der Kinderbuchautor Kai Pannen, Jahrgang 1961, wurde als „Lesekünstler des Jahres 2017“ ausgezeichnet. Die Interessengruppe Leseförderung im Börsenverein des Deutschen Buchhandels kürte ihn als besten Vorleser unter den Kinder- und Jugendbuch-Autoren - „mal naseweis und keck, mal knurrig oder gemütlich“, hieß es über ihn.
Bei der bis zum Sonntag laufenden Messe zeigen fast 2500 Aussteller aus 43 Ländern die Neuheiten des Büchermarkts. Zahlreiche Autoren stellen ihre neuen Werke persönlich vor. Am Freitag standen unter anderen Ronja von Rönne, Eva Menasse, Doris Knecht, Zsuzsa Bánk, Jussi Adler-Olsen, Jostein Gaarder, Sebastian Fitzek und Instagram-Star Pamela Reif (20) auf dem Programm.