Buchmesse: Alles dreht sich ums E-Book
Das digitale Buch kommt im Frühjahr in die deutschen Läden. Fluch oder Segen für die Lesewelt?
Frankfurt. Viele haben es gehofft, manche befürchtet: Das E-Book kommt auf den deutschen Markt. Auf der Buchmesse hat Sony bekannt gegeben, dass sein Sony Reader im Frühjahr in die Läden kommt. Und auch sein Konkurrent, der Internet-Versandhändler Amazon, steht mit dem Kindle in den Startlöchern.
Es ist eine logische Konsequenz der technischen Entwicklung und trotz aller Vorwarnungen - Handy, iPod und Digicam - wird im nächsten Jahr ein großer Ruck durch die Welt der Bücher gehen.
Ein E-Book ist ein kleines Gerät, auf dem man digital Bücher laden und dann lesen kann. In den USA wird es bereits seit einem Jahr angeboten. Je nach Hersteller ist es zwischen 250 und 300 Gramm schwer und hat ein Sechs-Zoll-Display (was etwas mehr als einer CD-Hülle entspricht).
Schon vor ein paar Jahren haben Elektronik-Hersteller versucht, das Leser-Herz mit dem E-Book zu erobern. Aber sie hatten keine Chance: Die Geräte waren klobig, die Schriften anstrengend für die Augen. Jetzt aber ist die Technik soweit: Der Kampf um den Leser eröffnet.
Die Vorteile eines E-Books liegen buchstäblich auf der Hand. Denn es hat die Größe eines Taschenbuchs, aber Speicherplatz für hunderte von Werken. Wer also mit Geschriebenem in großen Mengen arbeiten muss, wird sich der kleinen Dinger bedienen. Studenten beispielsweise, die sonst für die Diplomarbeit unzählige von Wälzern aus den Bibliotheken tragen.
Allerdings: Anmerkungen am Seitenrand sind (bisher) nicht möglich. Dafür kann man Textstellen per Volltextsuche direkt finden. Interessant dürften der Kindle und seine Kollegen auch für ältere Leser sein, deren Sehkraft nachlässt. Denn digitale Texte können in verschiedenen Schriftgrößen angezeigt werden.
Die Lesbarkeit auf den neuen Geräten ist weitaus besser als am Laptop. Es gibt keine Hintergrundstrahlung, und in der Sonne kann man sie mühelos lesen. Nichts piepst, nichts rauscht und sie werden auch nach Stunden nicht heiß. Dabei verbrauchen sie kaum Energie. Denn Strom wird nur dann benötigt, wenn sich das Bild ändern soll, etwa beim umblättern der Seite.
"Ich habe bereits so ein Gerät zu Hause. Es funktioniert hervorragend", sagt Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Er freut sich über "eine weitere Möglichkeit, Literatur zu verbreiten."
Dass die neue Technologie ein Problem für Verleger und Buchhandlungen wird, sieht er nicht. Und das, obwohl denen in Zukunft ein großer Teil des Geschäfts entgehen könnte. Denn Sony hat angekündigt, dass es den Vertrieb des E-Books ausschließlich über die Buchhandelskette Thalia und die Software - also die Bücher - über den Internetversand Libri abwickeln will.
Amazon nutzt für den Kindle seine eigene Plattform. 180.000 Titel sind im Angebot, allerdings alle nur im Kindle-Format. Will man also irgendwann das Gerät wechseln, gehen die Dateien verloren. Sony soll dagegen auch Buchformate anderer Hersteller anzeigen.
Kein Drucken, kein Binden, kein Ausliefern: Damit könnten Verlagen und Buchhandlungen ein wichtiger Teil ihrer Einnahmen verloren gehen.
Gottfried Honnefelder sieht das anders: "Jedes mal, wenn ein neues Medium auf den Markt kommt, wird das Ende des Buches prophezeit. Das ist Unfug. Das E-Book ist eine Chance, mehr Bücher zu verkaufen."
Auch Lutz Dursthoff, Cheflektor des Verlags Kiepenheuer & Witsch gibt sich optimistisch. Er sieht nicht nur Vorteile für professionelle Leser, sondern auch für "den Krimi am Strand".
Ist das wirklich so? Sicher, wer auf Weltreise geht, freut sich über 300 Gramm, statt 20 Bücher im Gepäck. Aber macht es auch Spaß mit sonnencreme-verklebten Fingern im Urlaub ein Elektrogerät zu lesen? Und was ist mit dem gemütlichen Lese-Nachmittag auf der Couch?
Das E-Book wird, genau wie das Handy, bald in jedermanns Tasche stecken. Schätzungen zufolge sollen bis 2018 mehr digitale als gedruckte Bücher verkauft werden. Aber in manchen Momenten will man halt auf gebundenes Papier nicht verzichten.