Buchmesse: Hier gibt’s alles, sogar Bücher
Prominente Autoren sind angekündigt, aber das Buch ist nur noch ein Baustein im Angebot.
Frankfurt. Im Jahr 1972 erhielt der dänische Literaturagent Ib Lauridsen auf der Frankfurter Buchmesse keinen eigenen Stand. Der war Verlegern vorbehalten. Da veröffentlichte der gewiefte Mann aus Kopenhagen kurzerhand ein Buch auf Englisch mit dem witzigen Titel „Wie man einen Stand bei der Frankfurter Buchmesse erhält“ — schon war er zugelassen.
Eine nette Anekdote aus längst vergangenen Zeiten. Heute tummeln sich auch Filmproduzenten, Regisseure wie Roland Emmerich oder Hersteller von Computerspielen auf der Messe. Und die Organisatoren sind heilfroh darüber.
Die weltgrößte Büchermesse wandelt sich immer mehr zum Börsenplatz für Inhalte aller Art. Das Buch ist nur noch einer der Bausteine in einer immer breiter gefächerten Verwertungskette. „Wir müssen alles machen - Print, Digital, Social Media und die Vernetzung vorantreiben“, heißt das Credo von Buchmessen-Chef Juergen Boos.
Die Branche befinde sich „im doppelten Sinne im Aufbruch“: Zum einen breche die traditionelle Verwertungskette vom Autor über Verlag und Händler zum Leser auf, zum anderen breche man auf in eine neue Ära des Publizierens. Das gedruckte Buch werde dennoch weiter existieren und nicht an Bedeutung verlieren.
Als global wichtigster Treff will die Buchmesse, organisiert vom Dachverband der deutschen Buchbranche, den unaufhaltsamen digitalen Wandel vorantreiben. Es bleibt der Messe auch keine Wahl, wenn sie nicht über kurz oder lang überflüssig werden will.
Dennoch dominieren in den Hallen weiterhin die Regale mit den ausgestellten Büchern. Intensiverer Andrang wird jedoch bei den frisch auf den Markt gekommenen E-Book-Readern (Lesegeräte) erwartet.
Innovativ soll es auch in den quer verstreuten „Hotspots“ zugehen und dem neuen Zentrum „StoryDrive“, das die „crossmedialen Plattformen“ der unterschiedlichen Verwerter von Inhalten (Content) zusammenbringen soll.
Das Rechte-Zentrum wurde erneut stark ausgebaut, hat jetzt sogar eine eigene Messehalle erhalten. 527 Agenten aus der ganzen Welt haben einen der begehrten Tische ergattert, an denen um globale Lizenzen im Multimedia-Zeitalter gefeilscht wird. Mit 70 Agenturen sind die USA am stärksten vertreten.
Immer wichtiger wird der Messe zufolge das Konferenzgeschäft. Schon Tage vor der Eröffnung treffen sich Fachleute aus der ganzen Welt, um über digitale Neuheiten zu diskutieren. Auch das Thema Fortbildung gewinne an Bedeutung.
Allein 1100 Fachveranstaltungen stehen dieses Jahr bei der Buchmesse auf dem Kalender. Das stolze Angebot von rund 3000 Veranstaltungen auf der Messe und um sie herum birgt aber auch die Gefahr einer wachsenden Unübersichtlichkeit.
Zum Abschluss der Messe wird am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an den algerischen Autor Boualem Sansal verliehen. Trotz der kritischen Romane und Essays über sein Heimatland ist er als einer der wenigen renommierten Schriftsteller nicht ins Exil gegangen.