„Der Hof“: Simon Beckett ohne David Hunter

Reinbek/München (dpa) - Ein verlassen wirkender, heruntergekommener Bauernhof in Frankreich, mysteriöse Statuen im Wald und ein Protagonist, dessen Autositz blutgetränkt ist.

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Das Setting von Simon Becketts (53) neuem Roman verspricht von Seite eins an Grusel und Spannung. Das ist für die Bücher des britischen Krimistars nichts besonderes - und doch ist sein neues Buch eines, das seine Fans überraschen dürfte.

Denn Beckett verzichtet auf seinen Helden David Hunter, den forensischen Anthropologen, der seinem Schöpfer mit den Büchern „Chemie des Todes“, „Kalte Asche“, „Leichenblässe“ und „Verwesung“ zum ganz großen Durchbruch und Weltruhm verhalf. Allein in Deutschland wurden nach Verlagsangaben schon sieben Millionen von Becketts Büchern verkauft.

In seinem neuen Buch aber verlässt der Autor nun die sichere Erfolgsspur, auf die Hunter ihn geführt hat. Wer die Bücher nicht kennt, die er vor „Chemie des Todes“ geschrieben hat, der wird den Autor kaum wiedererkennen. Das Tempo ist ein anderes, die Sprache auch, der Grundton, wenn man so will, sehr viel literarischer. „Der Hof“ ist psychologischer und viel subtiler als die Hunter-Kracher, für die Beckett berühmt ist und die zu einem Großteil von Leichen, den unterschiedlichen Verwesungsprozessen und krabbelnden Insekten geprägt sind.

„Der Hof“ erzählt die Geschichte des Engländers Sean, der sich in einem mysteriösen französischen Bauernhaus wiederfindet, nachdem er in eine Tierfalle getreten und schwer verletzt worden ist. Die hübschen Töchter kümmern sich um ihn, ihr aggressiver Vater ist mehr als skeptisch. Der Hof, soviel ist Sean und dem Leser sofort klar, birgt irgendein Geheimnis. Und damit passt er ganz gut zu dem Engländer selbst. Denn Sean ist auf der Flucht vor der Vergangenheit, die in Rückblenden erzählt wird.

„Ich wollte nie immer wieder das gleiche Buch schreiben und mich immer auf die gleiche Form verlassen“, sagt Beckett im Interview der Nachrichtenagentur dpa. „Und auch die Hunter-Bücher sind ja sehr unterschiedlich - mit verschiedenen Schauplätzen, Themen und Charakteren. Nach „Verwesung“ hatte ich damit angefangen, ein neues zu planen. Aber „Der Hof“ kam dazwischen. Ich wollte dieses Buch schon lange schreiben - und schließlich war die Geschichte so weit gediehen, dass ich sie aufschreiben konnte.“

Als komplett neues Territorium sieht er sein neues Buch aber nicht. „Die Bücher vor den Hunter-Romanen waren auch eher psychologisch. In einigen Punkten knüpft „Der Hof“ vielleicht eher da an.“ In den USA sei sein Buch gut angekommen, sagt Beckett - trotz oder wegen des ungewöhnlichen Ansatzes. „Es hat neue Leser angezogen und diejenigen, die die David-Hunter-Bücher mochten, scheinen dieses auch zu mögen.“ Ein Erscheinungsdaten für den neuen Hunter-Roman gibt es noch nicht.

(Simon Beckett: „Der Hof“. Wunderlich, Reinbek, 464 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-8052-5068-9)