Giordano als Mahner gegen Demokratiefeinde gewürdigt
Hamburg (dpa) - Unter dem Eindruck des Terroranschlags auf die Pariser Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ haben am Donnerstag in Hamburg zahlreiche Vertreter aus Politik und Kultur Abschied von dem Schriftsteller Ralph Giordano genommen.
„Er hätte auch zu 'Charlie Hebdo' die richtigen Worte gefunden“, sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vor rund 250 Zuhörern im Ernst Deutsch Theater. Scholz würdigte Giordano als „Freiheitskrieger, der immer aggressiv, feinsinnig, aber klar und differenziert“ war. Hamburg und die Hamburger Kultur hätten einen ihrer wichtigsten Freunde verloren. Der in der Hansestadt geborene Autor war am 10. Dezember im Alter von 91 Jahren in seiner Wahlheimat Köln gestorben.
Die Publizistin und Mitinitiatorin des Berliner Holocaust-Mahnmals Lea Rosh (78) nannte Giordano einen „Mahner, der die richtigen Sachen richtig ausgedrückt hat“. Sie erinnerte „nach diesem furchtbaren Anschlag in Paris“ an seine Warnung vor dem Islamismus im Zusammenhang mit dem Kölner Moscheebau.
Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky hob hervor, wie eng sich Giordano als bekennender Atheist mit dem Judentum verbunden fühlte. „Herr Giordano war kein gläubiger Jude, aber sehr stolz auf seine Zugehörigkeit zum Judentum.“ Bistritzky bedauerte, dass Giordano nicht auf einem jüdischen Friedhof beerdigt wurde, und beendete seine Ansprache mit einem Totengebet auf Hebräisch.
Unter den Nazis waren Giordano und seine Familie verfolgt worden, weil seine Mutter Jüdin war. Die Erlebnisse hat der Autor in seinem autobiografischen Roman „Die Bertinis“ (1982) verarbeitet. „'Die Bertinis' wird als Vermächtnis in Erinnerung bleiben“, zeigte sich sein Freund Peter Schmidt von der Hamburger Autorenvereinigung überzeugt. Der Roman sei Teil der Hamburger Stadtgeschichte geworden. Die Schauspielerin Hannelore Hoger, die durch ihre Rolle in der Verfilmung des Romans bekannt wurde, bezeichnete Giordanos Tod als „Verlust“. „Er war ein sehr positiver und vermittelnder Mensch.“
Die Schauspielerin und Journalistin Peggy Parnass (80) sprach vom „Tod eines guten Freundes“. Sie erinnerte an die vielen Drohanrufe und Drohbriefe, die Giordano nach jeder neuen Veröffentlichung erhalten habe, „und die eigentlich fast jeder von uns, also jeder Jude hier, nicht nur aufgrund des Jüdischseins, sondern aufgrund politischer Ansichten, bekommen hat und bekommt“.