Kultur und Kochen Goethes kulinarische Randnotiz und Omas Klöße
Zwei neue Bücher verbinden die Liebe zum Essen mit Anekdoten — im Rheinland und in Italien.
Düsseldorf. Seine Italienreise führte Johann Wolfgang von Goethe zwischen September 1786 und Mai 1788 auch in den Norden des Landes, in die Region, die heute Friaul-Julisch Venetien genannt wird.
Dabei schaute der Universalgelehrte (1749-1832), dessen Mutter angeblich die Grüne Soße erfunden haben soll, den Einheimischen in die Kochtöpfe. Über die Polenta, einen dicken, aus Maisgrieß angerührten Brei, rümpfte der kluge Mann aus Frankfurt die Nase und notierte in seinen Reisetagebüchern Verbesserungsvorschläge für das Armeleuteessen. „Die jenseitigen Deutschen rupfen den Teig wieder auseinander und braten ihn in Butter auf. Der welsche Tiroler ißt ihn so weg, manchmal Käse darauf gerieben.“
Eine Randnotiz in der „Italienischen Reise“ des Meisters und eine Randnotiz in dem neuen Buch von Elena Kostioukovitch (57). „Italia! Die Italiener und ihre Leidenschaft für das Essen“ heißt es, ist vor kurzem im Fischer Verlag erschienen, und mit dem Titel schon hinreichend beschrieben. Auf 550 Seiten nähert sich die Autorin und Übersetzerin der italienschen Küche. Das Vorwort stammt von Umberto Eco (83, „Der Name der Rose“), dessen Bücher Kostioukovitch ins Russische übersetzt.
Der Wälzer ist kein Kochbuch, sondern — wohl von Goethe gelernt?! — eine Art Reisebeschreibung. Die Autorin nähert sich der italienischen Küche, in dem sie die Regionen von Norden nach Süden beschreibt und sich dabei lokale Speisegewohnheiten und Spezialitäten vorknöpft. Nicht nur die Polenta grüßt, sondern fast alles, was Küche und Weinkeller des Landes zu bieten haben. Rezepte gibt es wenige, und wenn, dann taugen sie nur bedingt zum Nachkochen. So finden sich bei Kostioukovitch zwar Gedichte über Risotto, aber keine Kochanleitung.
Anekdoten und Hintergründiges über das Essen der Italiener machen das aber mehr als wett. Schade ist allerdings, dass die Fotos in dem Buch durchgängig in schwarz-weiß gehalten sind. Ein üppiges Register und eine kleine Abhandlung über unterschiedliche Pasta-Sorten — die Autorin nennt sie Nudeln! — und Soßen (Sugo) trösten aber.
Anekdoten und Essen, diesen Ansatz hatte auch Sabine Durdel-Hoffmann bei ihrem Buch über die rheinische Küche im Sinn. „Rheinland. Die Gerichten unserer Kindheit“ heißt der Band aus dem Wartberg Verlag. Kindheit bedeutet in diesem Fall Omas Kartoffelköße, Himmel und Ääd und die wahlweise geliebte oder verhasste Graupensuppe — igitt, Kälberzähne! Der Reiz liegt in der Kombination aus Dönekes von echten oder zugereisten Rheinländern („Mit Tante Betty im Uerige“ oder „Der flotte Onkel Hans kocht Strammen Max“) und den Rezepten.
Patente Hausfrauen und -männer werden an letzteren vermutlich nicht allzuviel Freude haben. Eine Anleitung für Milchreis, Frikadellen oder Nudeln mit Käse brauchen Könner nämlich nicht. Das Rezept für Butterbrot mit Leberwurst grenzt an Veralberung, und auch den Tipp, den Fleischwurstring mit Senf zu kombinieren, hätte sich die Autorin schenken können. Zumal das Zeug im Rheinland Mostert genannt wird. Spannender sind die eher unbekannteren Gerichte: Hinter „Pottschlott“ (Dormagen) verbirgt sich Endiviensalat mit Kartoffeln, die „Wueschzupp“ (Kirchberg) ist eine Suppe mit Blut- und Leberwurst.