Günter Grass bleibt Ehrenpräsident des deutschen PEN
Rudolstadt (dpa) - Der Schriftsteller Günter Grass (84) bleibt Ehrenpräsident des deutschen PEN-Zentrums. Die Mitgliederversammlung lehnte am Samstag im thüringischen Rudolstadt einen Antrag auf Aberkennung der Ehrenpräsidentschaft wegen Grass' Israel-Gedicht ab.
Abgelehnt wurde auch ein Antrag, dass das PEN-Zentrum eine offizielle Erklärung gegen eine angebliche Rufmord-Kampagne gegen den Literaturnobelpreisträger abgeben solle.
Nach teils kontroverser Diskussion rangen sich die Mitglieder zu der Entscheidung durch, trotz vieler Vorbehalte nicht inhaltlich über das heftig umstrittene Grass-Gedicht zu diskutieren. Begründung: Die Schriftstellervereinigung habe sich der Freiheit des Wortes verschrieben. Das gelte auch für das israelkritische Grass-Gedicht „Was gesagt werden muss“ sowie für die Medien.
Grass hatte Anfang April mit dem Gedicht für heftige Diskussionen gesorgt. Darin schrieb er, Israel bedrohe als Atommacht den Weltfrieden und könne das iranische Volk mit einem Erstschlag auslöschen. Israel verbot Grass daraufhin die Einreise. Der erkrankte Grass nahm wie die beiden Antragsteller an der Tagung nicht teil.
Generalsekretär Herbert Wiesner hatte zuvor einen Appell an die über 100 Autoren gerichtet: „Wir selbst sind gut beraten, Günter Grass, seinen Kritikern wie Verteidigern das Recht auf Meinungsfreiheit zuzugestehen. Aber der Satz unserer Charta, der da sagt, dass "die Freiheit auch freiwillig geübte Zurückhaltung einschließt", sollte ebenfalls nicht vergessen werden.“ Ein Wort, dass die Teilnehmer ernst nahmen. „Ein Verein, der sich für die Freiheit des Wortes einsetzt, gibt sich der Lächerlichkeit preis, wenn er abstraft, wie auch immer wir das Grass-Gedicht einschätzen“, sagte ein Autor. Damit würde sich der PEN für immer unglaubwürdig machen. PEN müsse damit leben können, dass Menschen eine andere Meinung haben, auch in so einer ernsten Sache wie der Bedrohung Israels.
Andere äußerten ihr Unbehagen über den Inhalt. „Der Text ist unheimlich.“ Aber eine inhaltliche Bewertung sei „eine Maßnahme der Zensur, die uns nicht zusteht“. Deshalb könne es keine Aberkennung der Ehrenpräsidentschaft geben.