Harry Potter: Und ab in neue Lesewonnen

Diese Nacht ist der letzte Band aus dem Leben des jungen Zauberers ausgeliefert worden. Es werden Verkäufe in Rekordhöhe erwartet.

Düsseldorf. Tag "X" für Harry-Potter-Freunde: Der letzte Band der siebenteiligen Saga - "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" - steht seit Mitternacht in den Regalen der Buchhandlungen. Endlich erfahren die Leser, ob Harry am Ende Lord Voldemort besiegt, ob Professor Snape wirklich böse ist und was es mit den Horkruxen auf sich hat.

Harry Potter ist ein Phänomen. So warten eingefleischte Fans nicht auf die deutschen Ausgaben der Bücher, sondern lesen zuerst das englische Original, das etwa drei Monate vor der Übersetzung erscheint. Mit dem Ergebnis, dass vor allem die letzten vier Romane der Originalfassungen hierzulande ähnlich gute Verkaufsstarts hatten wie sonst nur deutsche Bücher. Die englische Ausgabe des letzten Potter hat auf Anhieb Platz eins der deutschen Buchcharts erobert.

In Deutschland gingen fast 400000 Exemplare der Zauber-Saga weg - allein in den ersten 48 Stunden. Potter bricht Rekorde, und was die englischen Ausgaben angeht, nur die eigenen. Kein anderes Buch konnte derartige Verkaufszahlen mit einer Originalfassung erreichen. Übertroffen wird das nur von der deutschen Version, deren Erstauflage bei drei Millionen liegt. "Ich arbeite seit 40 Jahren im Verlagswesen, aber so eine hohe Erstauflage habe ich noch bei keinem Buch erlebt", sagte eine Sprecherin des Carlsen-Verlags, der "Harry Potter" in Deutschland vertreibt. Dass viele Fans schon die englische Fassung gelesen haben, schadet der deutschen Version nicht. Im Gegenteil. Rund 90 Prozent aller Leser kaufen erfahrungsgemäß beide Ausgaben. Über die Gründe können die Buchhändler nur spekulieren.

Franziska Bickel ist stellvertretende Vorsitzende des Sortimenteausschusses beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Sie versucht, das Phänomen in Worte zu fassen: "Es ist erstaunlich, denn es steckt ein zeitlicher Ablauf dahinter." Band eins und zwei seien relativ unbeachtet gewesen, bei Band drei sei allmählich der Hype aus Großbritannien aufs Festland geschwappt.

Bei Nummer vier begann die Sache, perverse Showgeschäftszüge anzunehmen." Erstmals sei die pünktliche Veröffentlichung eines englischsprachigen Buches in den Focus der Öffentlichkeit gerückt, sagt Bickel. "Danach begannen die Menschen, dem fünften Band regelrecht entgegenzufiebern." Eine wirkliche Erklärung für die hohen Verkaufszahlen der englischen Bücher ist das aber nicht.

"Echte Fans wollen einfach sofort wissen, was passiert. Und sie wollen es selbst lesen, nicht von anderen erfahren", so Bickel. Die Fangemeinde ist zwar groß, könnte aber allein niemals für so hohe Absatzzahlen sorgen. "Eine weitere Rolle spielt die Preispolitik. Seit Band sechs haben sich die großen Handelsketten gegenseitig unterboten, und die Bücher teilweise nur knapp über dem Einkaufspreis verkauft. Die englischen Bücher unterliegen als Importe nicht der Buchpreisbindung." Außerdem sei es "chic", Potter im Original zu lesen.

Und warum dann noch auf Deutsch? Auch darauf hat Franziska Bickel eine Antwort: "Das englische Buch wird meist auf die Handlung gelesen, dass deutsche auf die Feinheiten." Indem sie das Original zuerst lesen, verhindern die Fans, dass sie bis zum Erscheinen der Übersetzung gespoilert werden, das heißt, ungewollt Handlungsstränge aus Fremdquellen erfahren.

Das bestätigt auch eine Umfrage auf einem der größten Harry-Potter-Internetportale, harrypotter-xperts.de: "Wie geht ihr mit Spoilern zum siebten Buch um?" Von 10193 Teilnehmern gaben 6678 an, das Buch bereits auf Englisch gelesen zu haben. Nur 1498 wollten versuchen, sich von Spoilern fernzuhalten, um in Ruhe das deutsche Buch zu lesen. Der Rest beschränkt sich auf Inhaltsangaben oder Erzählungen von Freunden und Verwandten, ohne das Original zu lesen.

Im siebten und letzten Band kehren Harry und seine Freunde nicht mehr an die Zauberschule Hogwarts zurück. Stattdessen machen sie sich auf die Suche nach den Horkruxen, Teilen von Lord Voldemorts Seele. Nur wenn alle Horkruxe zerstört sind, kann der dunkle Lord endgültig besiegt werden. Die Suche ist schwierig und gefährlich. Am Ende kommt es zum spannenden Showdown auf den Ländereien der Schule...