Jirgl, Timm und Widmer im Wettbewerb um Buchpreis
Frankfurt/Main (dpa) - Bei Uwe Timm geht es um die Macht des Begehrens, Thomas Glavinic taucht in die Welt des Extrembergsteigens ein, und Terézia Moras Hauptfigur muss mit dem Freitod ihrer Liebe fertig werden.
Die drei Romane gehören zu den 20, die um den Deutschen Buchpreis 2013 konkurrieren. „Die Bücher sind extrem unterschiedlich“, sagte Jury-Sprecher Helmut Böttiger nach der Veröffentlichung der Longlist am Mittwoch der dpa. Einen klaren Favoriten sieht er noch nicht: „Es weiß eigentlich keiner von uns, welche sechs Titel es auf die Shortlist schaffen werden.“
„Individuelle Schreibweisen“ und „intime Konstellationen“ hat Böttiger als eine gemeinsame Linie der 20 Titel ausgemacht. Modewellen wie der große Familienroman über Generationen und die Popliteratur, die sich ironisch-affirmativ mit dem Kapitalismus befasst habe, seien vorbei.
Dennoch spiegelten sich auf der Longlist zwei Trends der Jahresproduktion: „Eine Tendenz zu Science Fiction, dass die Gegenwart gespiegelt wird in der Zukunft“. In diesen Büchern tauche oft ein Unwohlsein in der Gegenwart auf. Und: „Eine bestimmte Krisenstimmung scheint sich deutlich zu machen an den innersten Beziehungsgeflechten.“ So gebe es etwa erstaunlich viele Bücher, die Geschwisterbeziehungen thematisieren, sagte Böttiger.
Neben Timm mit „Vogelweide“, Glavinic („Das größere Wunder“) und Mora („Das Ungeheuer“) haben es diesmal eine Reihe weiterer bekannter Schriftsteller auf die Longlist geschafft: Büchner-Preisträger Reinhard Jirgl („Nichts von euch auf Erden“) beispielsweise sowie Daniel Kehlmann („F“) und Urs Widmer („Reise an den Rand des Universums“).
Literaturkritiker Denis Scheck findet dennoch: „Es fehlen die ganz großen Meister.“ Insbesondere Martin Walser, aber auch Hans Pleschinski, Peter Stamm, Georg Klein und Matthias Politycki. „Mir wäre das als Leser zu wenig, was da jetzt literarisch auf dem Tisch liegt.“ Dennoch meint Scheck: „Alles in allem kann man das schon so stehen lassen. Das ist eine Sicht, die sich halt in dieser Jury durchgesetzt hat.“
Der Chef des Hamburger Literaturhauses, Rainer Moritz, vermisst auch eine Reihe von Autoren auf der Longlist, freut sich aber zugleich, dass es viele Große geschafft haben. „Man hatte ja in den letzten Jahren manchmal den Eindruck, dass sich die Jurys eher herumdrücken, auch die großen Autoren zu nominieren“, sagte Moritz.
„Das ist eine Liste, die sich sehr gut sehen lassen kann, und die sehr viel Spannung verspricht, wer drauf bleibt“, sagte er. „Die Jury hat sich nicht gescheut, komplex erzählte Titel aufzunehmen, wie Reinhard Jirgl, Terézia Mora, Ralph Dutli und Thomas Stangl.“ Dabei gehe doch das Gerücht um, dass die Jury drauf achte, leicht erzählte Titel auszuwählen, die ein breites Publikum erreichten.
Für Autoren und Verlage sei die Longlist eine Bestätigung, sagte der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Gottfried Honnefelder. Der Buchhandel nehme diese aber noch nicht so wahr, wie die Shortlist, die am 11. September kommt und die viele Geschäfte dann deutlich in Szene setzten. Am 7. Oktober steht der Sieger fest. Wie sich der preisgekrönte Roman dann verkaufe, hänge vom Thema ab, sagt Honnefelder.
Welche sechs Autoren es auf die Shortlist schaffen, sieht auch Böttiger mit Spannung. „Es gibt doch ziemlich viele Titel, die von einzelnen Juroren sehr geschätzt werden. Es kommt dann sehr auf die Diskussion der Shortlist-Sitzung an.“