Krimi: Der neue Camilleri ist da
Der sizilianische Commissario Salvo Montalbano ermittelt wieder.
Düsseldorf. Bei Krimiserien kommen die Behaglichkeit des Gewohnten und die Lust am Neuen zusammen: Auch Andrea Camilleris Montalbano-Romane funktionieren ähnlich. Der grummelige, ewig pubertierende Commissario hat über die vielen Jahre hinweg keine dramatische Persönlichkeitsentwicklung durchlaufen. Immer noch führt er die Fernbeziehung zu seiner Livia und die Nichtbeziehung zu Ingrid. Adelina stellt ihm wieder die raffiniert einfachen Köstlichkeiten in den Kühlschrank, und Wachtmeister Catarella sorgt für die aberwitzigsten Verdrehungen - nur die Fälle sind immer wieder aufs Neue knifflig.
Montalbano ist sensibel für Dinge, die andere übersehen würden, die es ihm aber erlauben, auch die kompliziertesten Zusammenhänge zu entwirren. Kultiviertheit und die Liebe zum Essen hilft ihm bei seinem emotionalen Balanceakt.
Im neuen Camilleri wird dies in einer Szene besonders deutlich. Montalbano kommt mit dem mörderischen Pferdediebstahl, um den es diesmal geht, nicht recht voran. Er isst wie so oft bei Enzo zu Mittag, aber diesmal schmeckt es ihm nicht. "Dottori, heute bin ich aber nicht so zufrieden mit Ihnen wie sonst", sagt der Trattoria-Wirt Enzo. Und Montalbano entschuldigt sich bei ihm: "Ist wohl nicht mein Tag." Verlass ist auch wieder auf Moshe Kahn, der mit seiner Übersetzung die italienische Melodie und die sizilianischen Zwischentöne erhält.
Ob sich irgendwann auch zu viel Verlässlichkeit einschleichen kann in so eine Serie? Ob ein Fall zu wenig neu sein, zu geringe Ansprüche an die Spitzfindigkeit der Leser stellen kann? Camilleri scheint das zu befürchten. Jedenfalls zwingt er seine Leser zu ganz besonderer Aufmerksamkeit, indem er den Commissario und einen Staatsanwalt über den Fall in spanischen Fantasienamen reden lässt. Das mag literarisch reizvoll sein, erzeugt aber letztlich nur Ersatzspannung.
Und die Erzählung bricht etwas unvermittelt ab. Nicht alle Fäden werden zu Ende gesponnen, zum Beispiel der Auftrag, den Catarella mit so viel Eifer übernimmt. Trotzdem: Montalbano-Fans können sich freuen - und danach gleich wieder mit dem Warten beginnen.