Krimi-Star Beckett: Kein Interesse an Komödien

München (dpa) - Mit „Chemie des Todes“ gelang dem britischen Schriftsteller Simon Beckett der große Durchbruch. Die gruseligen Geschichten um den Forensiker David Hunter sind seitdem aus den Bücherschränken vieler Krimi-Fans nicht mehr wegzudenken.

An diesem Donnerstag (24. Februar) kam Becketts viertes Hunter-Buch auf den deutschen Markt: „Verwesung“. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erklärt Beckett, warum er sich nicht vorstellen kann, Komödien zu schreiben.

Ihr neues Buch unterscheidet sich deutlich von seinen Vorgängern. Ist das Absicht?

Simon Beckett: „Ich möchte natürlich nicht immer und immer wieder das gleiche Buch schreiben. Ich wusste immer, dass ich irgendwann die Vergangenheit von David Hunter genauer erforschen werde. Man weiß so wenig über sein Leben vor "Chemie des Todes", aber es schien in allen Geschichten immer wieder durch. Diesmal wollte ich ein wenig mehr von dieser Seite seines Lebens enthüllen. Ziemlich viele Leser haben mir vorher gesagt, sie wüssten gerne mehr darüber.“

Werden Ihre Leser in Zukunft noch mehr über David Hunter erfahren? Oder war das alles, was Sie über seine Vergangenheit enthüllen wollen?

Beckett: „Darüber will ich im Moment eigentlich noch gar nicht zu viel sagen. Mir gefällt die Idee, dass David Hunter einige seiner Geheimnisse bewahrt und dass die Leute nicht alles über ihn gleich erfahren. Darum habe ich auch bis zum vierten Buch gewartet, bis wir einen flüchtigen Blick in seine Vergangenheit werfen. Es ist ja immer so, dass Menschen, die man kennenlernt, ein Leben vor diesem Kennenlernen haben. Und ich sehe keinen Grund, warum das in der Literatur anders sein sollte.“

Wie lange haben Sie für Ihr neues Buch gebraucht?

Beckett: „Oh, viel zu lange. Ich denke, ungefähr 18 Monate. Ich würde liebend gerne jedes Jahr ein Buch schreiben, aber dazu scheine ich nicht in der Lage zu sein. Es wird einfach mit jedem Buch schwieriger. Als ich die "Chemie des Todes" geschrieben habe, gab es überraschende, spannende Wendungen. Inzwischen kennen meine Leser das aber und wissen, dass die Handlung sich wahrscheinlich nicht gradlinig entwickelt. Es ist nicht leicht, immer wieder etwas Neues, Frisches zu liefern und sich immer neue Überraschungen und Schock-Momente auszudenken.“

Sie haben schon vor Ihrem Durchbruch mit „Chemie des Todes“ Bücher geschrieben, die allerdings weniger erfolgreich waren. Sind die „Hunter“-Bücher besser?

Beckett: „Ich war auch auf die Bücher stolz, die ich in den 90er Jahren geschrieben habe. In diesem Fall glaube ich einfach, dass die Leute mit David Hunter warm geworden sind und sich mit dem Charakter angefreundet haben - das ist entscheidend.“

Haben Sie bei der Übersetzung ein Mitspracherecht? Im Englischen heißt Ihr Buch „The Calling of the Grave“ - Der Ruf des Grabes. Im Deutschen lautet der Titel schlicht „Verwesung“.

Beckett: „Dieses Wort klingt auf Deutsch deutlich besser. Auf Englisch hieße es "decomposition". Ich befürchte, ich bin selbst nicht besonders gut, was Buchtitel angeht. In manchen Fällen gefallen mir die deutschen Titel allerdings sogar besser: "Kalte Asche" zum Beispiel finde ich besser als "Written in Bone" (etwa: Mit Knochen geschrieben). Ich konzentriere mich aber generell lieber auf die Wörter innerhalb des Buches. Was draufsteht, können gerne andere entscheiden.“

Sie hatten die Idee zu den „Hunter“-Büchern, als Sie für eine journalistische Recherche die sogenannte „Leichen-Farm“ in Tennessee in den USA besuchten. Das hat Sie offenbar so fasziniert, dass Sie jetzt schon Ihr viertes Buch über den Forensiker Hunter geschrieben haben. Was macht diese Faszination aus?

Beckett: „Diese "Farm" ist ein bizarrer und einzigartiger Ort, der wahnsinnigen Eindruck auf mich gemacht hat. Was dort vor sich geht, befindet sich außerhalb dessen, was die meisten Menschen - und sicherlich auch ich - jemals gesehen und erlebt haben. Ich war nicht direkt fasziniert, aber der Ort hat tatsächlich einen sehr großen Eindruck auf mich gemacht. Es war eine faszinierende Erfahrung, aber - das will ich noch einmal betonen - ich bin nicht fasziniert von Leichen. Als ich auf dem Rückweg im Flugzeug saß, wusste ich: Das wird mehr als nur ein Zeitungsartikel.“

Wird es ein fünftes „Hunter“-Buch geben?

Beckett: „Ja. Ich befinde mich aber noch in der Planungsphase.“

Wünschen Sie sich nicht manchmal, über etwas Schönes zu schreiben?

Beckett: „Die meisten meiner Bücher sind tatsächlich ziemlich düster - was wahrscheinlich auch über mich mehr sagt als mir lieb ist... Ich würde sicher gerne ein Buch schreiben, das kein David-Hunter-Buch ist, aber ich befürchte, auch das würde ein ziemlich dunkles. Ich kann mir nicht vorstellen, eine romantische Komödie zu schreiben. Damit würde ich nicht weit kommen und ich wäre daran auch nicht sonderlich interessiert.“

Interview: Britta Schultejans, dpa