Lesung: „Das Kapitel über den Mord war einfach“
Erfolgsautorin Margriet de Moor stellt ihren neuen Roman vor.
Düsseldorf. Ein hübsches Mädchen war Elsje Christiaens. Keusch und rein. Und doch endet die erst 18-jährige Protagonistin in Margriet de Moors neuem Buch am Galgen. „Als ich das liebevoll unschuldige Mädchen auf einer Zeichnung von Rembrandt sah, war die Rührung groß und das Thema für einen Roman da“, berichtet die niederländische Schriftstellerin im Heine-Haus in Düsseldorf, wo sie „Der Maler und das Mädchen“ vorstellte. Entdeckt habe sie die Rembrandt-Blätter im New Yorker Metropolitan Museum. „Ich habe den Maler vor mir gesehen, wie er 1664 die zum Tode verurteilte Mörderin am Galgen zeichnete.“
Mit einem Skizzenbuch habe er am Platz vor dem Rathaus in Amsterdam gestanden. „Rembrandt war angesehen und erfolgreich“, sagt sie, „aber weit entfernt von seinem heutigen Weltruf.“ Damals kaufte er die Ölfarben bei einem Apotheker, der ihm von der bevorstehenden Hinrichtung des Mädchens berichtete. Das zumindest ergaben die Recherchen der Kunsthistorikerin de Moor. Doch Rembrandt habe Elsjes Erdrosselung nicht sehen wollen. „Er war 1664 voller Kummer. Ein Jahr zuvor war seine Frau an der Pest gestorben.“
Es ist erstaunlich, wie locker die de Moor, eine Lady in dunkelroter Seide, in das Sujet des Romans einführt. In fließendem Deutsch mit charmant niederländischem Akzent. Besonders betört ihre helle Stimme, mit der sie von den grausamsten Dingen erzählt und die Vorgeschichte von Elsjes Hinrichtung dadurch von ihrem Schrecken befreit.
Sie vermeidet Urteile, stattdessen analysiert sie, wie mit einem Seziermesser, das einfache Mädchen Elsje, die ihre Wirtin mit einem Beil tötete. De Moor konnte sich das sofort vorstellen; denn zu einem Mord sei doch jeder Mensch fähig. „Das Kapitel über den Mord war einfach zu schreiben, ohne mit der Wimper zu zucken. Danach habe ich geschlafen wie ein Engel.“
Schwieriger war es, die Todesstrafe auf Papier zu bringen. „Da musste ich lange recherchieren.“ Etwa für den schwierigen Beruf des Henkers. Er musste mit einem Beilschlag den Verurteilten ins Jenseits befördern, durfte das Ritual nicht vermasseln und die Amsterdamer Bürger nicht enttäuschen. Wie farbig, aber auch nüchtern ihr die Beschreibung gelingt, das dürfte dem Publikum gefallen. Denn sie beherrscht ihr Handwerk meisterlich.