Melinda Nadj Abonji: Bescheidene Buchpreisträgerin
Abonji las im Düsseldorfer Heine-Haus.
Düsseldorf. Düsseldorf scheint eine Stadt der Gewinner zu sein. Gerade erst ist die Ausrichtung des Eurovision Song Contest der hiesigen Arena zugeschlagen worden, nun findet auch die diesjährige Trägerin des Deutschen Buchpreises ihren Weg in die Landeshauptstadt.
Melinda Nadj Abonji wurde mit ihrem Roman "Tauben fliegen auf" als literarische Überraschungssiegerin gefeiert, als sie am 4.Oktober als Gewinnerin des mit 25000 Euro dotierten Preises feststand.
Zur Lesung ins Heine-Haus führte die 42-jährige Schweizerin ein Treffen mit Urs Faes, der neben Profession und Land eine weitere Gemeinsamkeit mit Abonji teilt. Beide finden sich auf der Shortlist des Schweizer Buchpreises 2010, dessen Gewinner am 14. November bekannt gegeben wird.
Vor rund 100 Paar gespitzten Ohren breiteten Faes und Abonji am Mittwochabend ihre Texte auf biedermeierlichen Tischlein aus. Moderator Martin Krumbholz sah bei aller Unterschiedlichkeit der Werke die Chance, "am Inkompatiblen die Gemeinsamkeiten zu entdecken".
Den ruhig fließenden, detailreichen und anrührenden Stimmungsbildern einer diffizilen Beziehung in Urs Faes’ "Paarbildung" setzt Abonji derbe Flüche als "kompakte Einheiten von Gefühlszuständen" des Vaters ihrer Protagonistin entgegen. Sie erzählt in vollmundiger, sinnlicher Sprache über die schwierige Geschichte einer ungarischen Familie, die in die Schweiz emigriert.
Es lasen zwei herausragende Autoren der Gegenwart aus ihren Werken, aber ein Höhepunkt abendlicher Freizeitgestaltung kam dabei nicht heraus.
Zum einen erschwerten dumpf klingende Lautsprecher das Verständnis, zum anderen mochte sich das anschließende Gespräch nicht so recht über gegenseitiges Lob erheben. Sobald Hausherr Rudolf Müller auf den Buchpreis zu sprechen kam, blickte Melinda Nadj Abonji beinah beschämt zu Boden.
So vielschichtig sie Gefühlswelten in ihrem Buch schildert, so gern hätte man gewusst, wie es hinter diesem gesenkten Blick aussieht, wenn Andere über das eigene Buch reden.