Buch Neues Nachschlagewerk: Wort für das Suchen mit den Füßen
Der Psychologe David Tripolina hat auf der ganzen Welt einzigartige Wörter gesammelt und daraus ein Buch gemacht. Am Montag erscheint es.
Düsseldorf. Es gibt Bücher, deren Ziel ist es nicht, von vorne bis hinten durchgelesen zu werden. Sie laden eher zum Durchblättern und Hängenbleiben nach Belieben ein. Solche Bücher finden sich überwiegend in Wartezimmern, einem Regal neben der Badewanne oder auch auf den Fensterbänken gemütlich gestalteter Toiletten. Existiert in irgendeiner Sprache vielleicht ein spezielles Wort für diese Art von Büchern?
Keine Ahnung. Aber die Frage führt direkt zu der für heute angekündigten Neuerscheinung „Einzigartige Wörter“. Der New Yorker Psychologe David Tripolina hat 333 Begriffe gesammelt, die es nur in einer Sprache gibt und die sich entsprechend schwer übersetzen lassen, weil sie eben einzigartig sind. Und wenn man will, kann man an diesen Spezialvokabeln auch ein bisschen ablesen, was denn dem jeweiligen Volk, das sie verwendet, am Herzen liegen könnte.
Demnach müssten japanische Männer schon häufiger in ihren Erwartungen enttäuscht worden sein. Denn das japanische Wort „Bakkushan“ beschreibt in ihrer Sprache ein Mädchen, das nur von hinten hübsch aussieht. Und wer sich schon mal darüber geärgert hat, dass ein verliehenes Buch nicht zurückgegeben wurde, fände in einem Dialekt, der auf den Osterinseln gesprochen wird, die passende Bezeichnung dafür: Mit „Tingo“ wird dort die schrittweise Übernahme des Haushalts durch Nachbarn beschrieben, die systematisch etwas ausleihen und dann dauerhaft behalten.
Auf Hawaii wiederum scheint es eine gewisse Neigung zur Desorientierung zu geben, denn mit dem Wort „Akihi“ haben die Menschen quasi alles über jenen beschämenden Moment gesagt, in dem man den Weg schon wieder vergessen hat, der einem gerade erst erklärt wurde.
Nicht immer ist die Auswahl das Buchs ganz plausibel. So findet sich das jiddische „Chutzpah“ natürlich auch in der deutschen Chuzpe wieder. Und wirklich einzigartig poetisch ist das türkische „Gumusservi“ offenbar auch nicht, beschreibt es doch wie das schwedische „Mangata“ das Schimmern des Mondlichts auf dem Wasser.
Den genießerischen Italienern glaubt man dagegen sofort, dass sie mit „Fokolar“ ein eigenes Wort benötigen, um den Herd als emotionales Zentrum des Hauses zu beschreiben. Und da Australien irgendwie ja mitten im Meer liegt, scheint verständlich, dass die Aborigines mit „Murr-ma“ sogar ein Wort für die Kunstfertigkeit besitzen, etwas unter Wasser nur mit den Füßen zu suchen.
Und was ist mit den Deutschen? In unserer Sprache ist Tripolina besonders beim Buchstaben F fündig geworden: Vom „Fernweh“ über das „Fingerspitzengefühl“ bis zum „Fremdschämen“ zeichnet die Auswahl das Bild eines sensiblen Volkes.
Da scheinen die Finnen robuster zu sein: Sie definieren mit „Kalsarikännit“ den Umstand, sich zu Hause in der Unterhose zu betrinken und keine Anstalten zu machen, das Haus zu verlassen. In dieser Zeit kann ein Rentier ungehindert Strecke machen. Zu der Distanz, die es schafft, ohne eine Pause einzulegen, sagen die Finnen „Poronkusema“.
Muss man so etwas wissen? Natürlich nicht, wenn wir nicht gerade mit betrunkenen Finnen in Unterhose auf Rentierjagd gehen wollen. Aber manchmal sind es ja die unnützen Dinge, die einem besondere Freude bereiten. Ansonsten könnte man das frisch gekaufte Buch auch ungelesen zum Stapel mit den anderen ungelesenen Büchern legen. Dazu sagen die Japaner „Tsundoku“.