Photoschule: Weltkunst aus Düsseldorf
Ein opulenter Bildband zeigt die Vielfalt und Wirkung der berühmten Photoschule.
Düsseldorf. Der opulente Band "Die Düsseldorfer Photoschule" ist das bislang unübertroffene Dokument dieser Kunstrichtung. Er belegt eindrucksvoll, welche Herausforderung diese Photografiekünstler und ihre Kunstrichtung für die malenden Kollegen waren. Er enthält Porträts von Bernd und Hilla Becher, dem berühmten Künstlerpaar. Auf Bernd Bechers Tätigkeit an der Düsseldorfer Kunstakademie seit 1976 folgten berühmte Schüler wie Candida Höfer, die "Struffkys" (Struth, Ruff, Gursky), Axel Hütte, Elger Esser und Simone Nieweg.
Das Buch betont, wie wichtig diese Kunstrichtung international ist: "Weil seit dem Bauhaus keine neue Kunstrichtung aus Deutschland eine solch weltweite Ausstrahlung entfaltet und Anerkennung erfahren hat wie diese von den Bechers selbst angeführte und ausgebildete Gruppe junger Künstler, kommt diesem Buch eine Bedeutung zu, die weit über ihren lokalen Ursprung Düsseldorf/NRW/Deutschland hinaus reicht", schreibt der Münchner Verleger und Kunstsammler Lothar Schirmer im Vorwort zu seinem vorzüglichen Katalog.
Die Bechers hatten sich noch ganz dem dokumentarischen Photo verschrieben (und zwar ausschließlich von Industrie-Bauten, Hüttenwerken, Fördertürmen und Zechen an Rhein und Ruhr, Gasometern und Wasserbehältern in Deutschland und schließlich weltweit), in einer nahezu abstrakten, anonym und abweisend wirkenden Architektur neuester Sachlichkeit. Für die erste Nachfolge-Generation ihrer Schüler war oftmals Computer-Arbeit im Labor wichtig.
Candida Höfer aus der Generation der berühmten Schüler etwa wählte höchst noble Einrichtungen wie Museen, Opern, Theater, Bibliotheken und Universitäten aus ganz Europa. Charakteristische Merkmale: die Eleganz kostbarer Materialien, vollständiger Menschenleere und einer atemberaubenden Ordnung und Stille.
Thomas Struths "Installation" im Madrider Prado - ja, sie alle haben es längst "geschafft" in die Museen von New York, Paris oder London und in teure Kunstsammlungen - ist so aufrührerisch wie die "Hauptversammlung" von Gursky zynisch ist. Diese ist zugleich von der Bildstruktur her geradezu malerisch. Diese Photografien emanzipieren sich definitiv, verabschieden sich aus der Eindimensionalität und erobern die Räumlichkeit der Skulptur.
Geradezu verwegen, gespenstisch und geheimnisvoll weht es den Betrachter aus den aufgewühlten und farblich verwischten Bildern von Elger Esser an. Frankreich und Spanien inspirieren ihn, Prousts Combray und die französischen Felsenklippen im Seebad Étretat, die man auch Alabasterklippen nennt und die schon Gustave Courbet 1870 gemalt hat. In diesem Bildband darf sich das Auge ergötzen an der Natur, es darf staunen über so noch nie betrachtete Gebäude, Gegenstände, Interieurs, staunen über die Welt, in der wir leben. Sie ist voller Geheimnisse - und die Kunst lehrt uns, sie zu entdecken.