Roman erzählt vom Geschwür der Korruption
Rente mit 77? Nicht für Vargas Llosa. Der Nobelpreisträger hat ein neues Buch veröffentlicht. Er führt den Leser nach Peru.
Berlin. Als Mario Vargas Llosa 2010 den Roman „Der Traum des Kelten“ veröffentlichte, da war ihm alle Aufmerksamkeit gewiss. Denn wenige Wochen zuvor hatte ihm die Schwedische Akademie den Literaturnobelpreis zuerkannt. Ans Aufhören denkt der peruanische Preisträger nicht. Drei Jahre nach dem Nobelpreis hat der 77 Jahre alte Großschriftsteller nun einen neuen Roman vorgelegt.
Nach der Zeitreise in die Abgründe europäischer Kolonialgeschichte im „Kelten“ spielt „Ein diskreter Held“ im heutigen Peru. Erzählt werden zwei Geschichten: Die des Fuhrunternehmers Felícito Yanaqué, der sich in der nördlichen Stadt Piura aus ärmsten Verhältnissen hochgearbeitet hat und den nun anonyme Schutzgelderpresser abzocken wollen. Und die des steinreichen Geschäftsmanns Ismael Carrera in Lima, der mit seinen gut 80 Jahren die Haushälterin Armida heiratet, damit seine Söhne nicht sein Vermögen erben.
Beide Geschichten laufen nebeneinander, die Felícitos in den ungeraden und die Ismaels in den geraden Kapiteln, ein Strickmuster, das man aus anderen Vargas-Llosa-Romanen kennt. Felícito folgt der Mahnung seines Vaters, sich niemals rumschubsen zu lassen, und beschließt, der Schutzgeldmafia nichts zu zahlen. Ismael verdrückt sich mit seiner jungen Frau auf Hochzeitsreise nach Europa und lässt seinen Geschäftsführer Don Rigoberto den Zorn der Söhne abfedern, die den alten Herrn für unzurechnungsfähig erklären lassen wollen.
Geschichten, die das Leben schreibt also, und am Ende fließen beide zusammen, denn Armida, stellt sich raus, ist Felícitos Schwägerin. Es sind für Lateinamerika hochaktuelle Themen, die Vargas Llosa anschneidet: Die organisierte Kriminalität auf der einen und die dynamische wirtschaftliche Entwicklung in Ländern wie Peru auf der anderen Seite. Sein Roman wolle den anonymen Helden Tribut zollen, die vielleicht nie belohnt würden aber wahrscheinlich die Gesellschaften voranbrächten, sagte Vargas Llosa bei der Vorstellung in Madrid.
Die Geschichte selbst hat aber Schwächen. So erwartet man eigentlich, mehr zu erfahren über das Wirken des organisierten Verbrechens, das Krebsgeschwür der Korruption, das Komplizentum von Polizei und Kartellen. Doch am Ende ist es gar keine Mafia, die Felícito erpresst, sondern ein Einzeltäter aus dem familiären Umfeld.
“ Mario Vargas Llosa, „Ein diskreter Held“, Suhrkamp, 22,95 Euro