Sibylle Lewitscharoff gönnt sich einen Krimi
Köln (dpa) - Vergangenen Monat war Sibylle Lewitscharoff (59) nach Köln gekommen, um dort noch vor dem Erscheinen ihren ersten Kriminalroman „Killmousky“ vorzustellen.
Dafür interessierte sich aber niemand, weil es ihr erster Auftritt nach der berüchtigten Rede war, in der sie Retortenkinder als „Halbwesen“ bezeichnet hatte. Es wirkte deshalb merkwürdig, als die Diskussion über ihre Äußerungen nach einer halben Stunde abgewürgt wurde und die Autorin dann tatsächlich in schnurrendem Schwäbisch aus ihrem Buch las.
Der Eindruck war damals: Ganz nett, mehr aber nicht. Nun, da das Buch vorliegt, bestätigt sich das. „Killmousky“ liest sich gut runter, zählt auch nur 224 nicht allzu eng beschriebene Seiten und enthält schöne Passagen. Allen Katzenfreunden sei das Buch empfohlen, sie werden sich und ihr Tier in Kriminalhauptkommissar a.D. Richard Ellwanger und seinem Kater Killmousky wiedererkennen. Warum allerdings gleich das ganze Buch „Killmousky“ heißt, erschließt sich nicht.
Hübsch geschrieben auch einige Szenen, in denen Lewitscharoff rüberbringt, wie eingeschränkt das Ausdrucksvermögen ist, wenn man eine Fremdsprache zwar passabel, aber eben nicht wirklich gut spricht. Denn Ellwanger ermittelt auf unbekanntem Terrain in New York, eine große Herausforderung für den Provinzler, „der seine gedrückte Herkunft aus dem Hohenlohischen niemals hatte abstreifen können“.
Dann allerdings kommt die Auflösung, die gar keine richtige Auflösung ist und in jedem Fall dermaßen enttäuschend und einfallslos, dass man sich im ersten Moment wirklich fragt, ob Lewitscharoff das ernst meint.
Wenn man sie allerdings bei der Kölner Lesung erlebt hat, weiß man genau, wie es dazu gekommen ist. Von Moderatorin Bettina Böttinger danach gefragt, was sie um Himmels willen veranlasst habe, plötzlich ins Krimigenre zu wechseln, erwiderte die Büchnerpreisträgerin sinngemäß: Ja, das sei man von ihr bisher nicht gewohnt und für ihr nächstes Werk habe sie sich auch schon wieder einen anspruchsvollen Stoff vorgenommen. Aber vorher habe sie mal etwas Leichtes, Entspannendes gebraucht. Deshalb der Krimi.
Dass es vielleicht gar nicht so leicht und entspannend ist, einen guten Krimi zu schreiben, daran hat sie ganz offenkundig nie einen Gedanken verschwendet. Dementsprechend fällt das Ergebnis aus: alles andere als fesselnd.
Kenner verweisen darauf, dass in dem Buch unglaublich viele literarische Anspielungen steckten, was es zu dem anspruchsvollsten Krimi seit Jahren mache. Mag ja sein. So lässt sie auch im Krimi durchblicken: Hier schreibt eine Intellektuelle.
In diesem Zusammenhang gab es in Köln noch einen schönen Dialog. Lewitscharoff sprach über ihre früheren LSD-Trips und wurde von Böttinger gefragt, was sie schließlich zum Aufhören bewegt habe. Antwort: Keiner aus der Drogenszene hatte den „Zauberberg“ gelesen.
Sibylle Lewitscharoff: Killmousky. Suhrkamp, Berlin, 224 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 978-3-518-42390-5