Väter sind die Vorlese-Muffel
Repräsentative Studie: Männern fehlt angeblich die Zeit.
Hamburg. Deutschlands Väter sind Vorlese-Muffel - und um keine Ausrede verlegen: "Meine Frau kann viel besser vorlesen", behaupten 38 Prozent der Nicht-Vorleser. Und jeder Dritte meint sogar, der Nachwuchs sehe das genauso und halte Mama für die viel begabtere Vorleserin. Mehr als die Hälfte jener Männer macht es sich noch einfacher und ist überzeugt: "Es genügt, wenn einer von uns vorliest und das ist meistens meine Frau." Eine am Montag in Hamburg vorgestellte Studie hat sich mit Vätern, die nicht oder nur selten zum Kinderbuch greifen, beschäftigt, und das sind immerhin vier von fünf.
In Auftrag gegeben hatten die repräsentative Untersuchung die Stiftung Lesen, die Wochenzeitung "Die Zeit" und die Deutsche Bahn. Die Initiatoren des alljährlichen Vorlesetages (13. November) hatten sich bereits in den vergangenen Jahren in Studien mit dem Vorlesen in Familien befasst. Nur jedes fünfte Kind hat auch Papa schon als Vorleser erlebt. Diesmal wollten sie herausfinden, warum Männer für ihre Kleinen gar nicht oder selten zu deren Büchern greifen.
Dass den Vätern die Zeit dazu fehle, wie 55 Prozent der Befragten angaben, hält "Zeit"-Geschäftsführer Rainer Esser für einen "Trugschluss" und betont: "Vorlesen ist ein kleines zeitliches Investment mit hoher Rendite für die kindliche Entwicklung." Auch für Stefan Aufenanger von der Stiftung Lesen liegt die Lösung woanders. "Laut Studie stehen Draußen-Spielen und Herumtoben oben auf der Aktions- Hitliste der Väter", erklärt er. Mit Vorlesen assoziierten sie nicht Action, sondern zu Bett gehen und Gute-Nacht-Geschichten.
Dabei müssten Väter gar nicht mit ihren Sprösslingen in der Kuschelecke oder auf dem Bettrand sitzen, um gemeinsam zu schmökern. Vorlesen könne man auch auf dem Spielplatz, etwa "als Einstimmung in eine actionreiche Piratenschatzsuche", meint der Experte. Antje Lüssenhop von der Bahn meint, eine "positive Erkenntnis" immerhin habe die Studie gebracht: "Über drei Viertel aller nicht-vorlesenden Papas sind fest davon überzeugt, dass Vorlesen wichtig für die Entwicklung von Kindern ist."
Am Vorlesetag beteiligen sich Prominente aus Politik, Kultur, Gesellschaft und Medien. In Berlin etwa lesen neben anderen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, Designerin Jette Joop und die Band Culcha Candela vor, in Hamburg Liedermacher Rolf Zuckowski, in Hanau Schauspieler Dominic Raacke und in Wiesbaden ZDF-Moderatorin Marietta Slomka. Höhepunkt soll die Fahrt eines Leszugs mit Prominenten durch die Metropole Ruhr werden.