Von Lummerland in die Welt
Kinderbuch: Vor 50 Jahren kletterte auf einer beschaulichen Insel ein kleiner Junge aus einem Postpaket: Jim Knopf.
Stuttgart. Keiner wollte Michael Ende diese Geschichte abkaufen. Ein Dutzend Verlage schickten ihm sein Manuskript von "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" mit dem Vermerk "abgelehnt" zurück. Doch Lotte Weitbrecht vom Thienemann Verlag erkannte das Potenzial des Werks. Vor 50 Jahren erschien der erste "Jim Knopf"-Band. Ende gelang damit lange vor "Momo" und "Die unendliche Geschichte" der Durchbruch. Die "Augsburger Puppenkiste" machte Jim und Lukas zu Stars an Fäden für das Fernsehen.
Per Postpaket landet der Waisenjunge Jim eines Tages auf der kleinen Insel Lummerland. Die Bewohner, Frau Waas, Lukas der Lokomotivführer, Herr Ärmel und König Alfons der Viertel-vor-Zwölfte, nehmen das Kind liebevoll auf. Als Jim größer wird, ist aber schnell klar: Die Insel ist zu klein für alle.
Der König entscheidet: Lukas’ Lokomotive Emma muss weg. Eines Nachts verlassen Jim, Lukas und Emma deshalb die Insel, um eine neue Heimat zu suchen. Sie kommen in ein fernes asiatisches Land, wo helle Aufregung herrscht: Prinzessin Li Si wurde in die Drachenstadt Kummerland entführt. Natürlich helfen die beiden Freunde bei ihrer Befreiung. "Diese etwas skrupellose Mischung aus Märchen, Abenteuergeschichte und Science-Fiction-Elementen, die das Ganze hatte, die aber natürlich dem Spielbedürfnis vieler Kinder sehr entspricht, war damals etwas Neues", erklärte Ende die Wirkung seiner Geschichte, die auch von der Suche Jims nach seiner Herkunft handelt.
Zeichner F.J. Tripp gab den Figuren ihr typisches, freches Aussehen: Jim mit rotem Rolli, kurzer Hose und der Eisenbahnermütze auf dem Kopf. Sein Freund Lukas in blauer Arbeitskluft und Pfeife im Mundwinkel. Die Originalzeichnungen von Tripp sind in den heute verkauften Bänden "Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" (1960) und "Jim Knopf und die Wilde 13" (1962) immer noch zu sehen.
Die Vermarktung von Jim Knopf geschieht bis heute behutsam, so dass die Figuren in den Köpfen der Leser weiterleben können. Das Marionettentheater "Augsburger Puppenkiste" brachte Jim und Lukas in den 60er und 70er Jahren ins Fernsehen. Das Lummerland-Lied "Eine Insel mit zwei Bergen" wurde in den 90er Jahren in einer Techno-Dance-Version zum Disko-Hit. Es gibt Hörspiele und ein Kindermusical mit Musik von Konstantin Wecker.
"Ich habe die Geschichte damals mit einer großen Unschuld geschrieben. Ich hatte mir überhaupt nichts davon versprochen, hatte das Buch einfach nur mir selbst erzählt", sagte Ende einmal. Doch sein erstes Kinderbuch wurde auch sein erster Erfolg. Und Jim blieb Endes "erste Liebe", wie er meinte.