Weiter nachgefragt: Der Kalendermarkt boomt
Frankfurt/Main (dpa) - Wer jemals auf der Frankfurter Buchmesse zu Besuch war, kennt sie: die Kalender-Ausstellung zwischen den Hallen 3 und 4. Die ersten drei Tage hetzen die Fachbesucher achtlos daran vorbei, die letzten zwei Tage belagert das Laienpublikum die Stellwände in undurchdringlichen Trauben.
Kalender stehen nicht im Fokus der Verlage, Autoren rümpfen gar die Nase, dabei lässt sich in diesem Marktsegment gut verdienen.
Das Fachmagazin „Buchreport“ widmete dem Kalender kürzlich sogar eine Sonderausgabe. „Kalender haben sich über alle Formate und Preislagen immer mehr zu einer stabilen und sogar weiter wachsenden Umsatzsäule des stationären Buchhandels entwickelt“, heißt es dort. 11,6 Prozent mehr haben 500 befragte Buchhandlungen 2012 mit Kalendern umgesetzt als 2011. Kalender tragen demnach fünf Prozent zum Jahresumsatz bei.
Die Buchmesse hat den Trend erkannt und die Kalender-Ausstellung in diesem Jahr (8.-13. Oktober) nicht nur ausgeweitet, sondern erstmals auch ein Programm drumherum gestrickt, wie die Buchmessen-Sprecherin Katja Böhne sagt. Fotografen stellen sich dem Publikum vor, es gibt Veranstaltungen für Verlage - statt reiner Produktpräsentation werden Kalender in diesem Jahr zum Messe-Inhalt.
Im Handel verkaufen sich nicht die spektakulären Riesen-Kalender am besten, sondern eher kleine für weniger als 10 Euro. Mehr als jeder zweite Kalender gehört laut „Buchreport“ zu dieser Gruppe.
Besonders beliebt scheinen die Kalender im unteren Preissegment bei einer esoterisch interessierten Zielgruppe zu sein: Die Bestsellerliste wird angeführt von Titeln wie „Der Lebensfreude-Kalender“ und „Mit dem Mond leben“. Bei den Titeln von 10 bis 20 Euro dominieren die Themen Küche, Natur, Kunst und Reise.
Auf Platz eins bei den hochpreisigen Kalendern steht „Der literarische Katzenkalender“ aus dem Frankfurter Schöffling-Verlag. Seit 1996 macht Schöffling diesen Kalender - „ein Standbein unseres Programms“, wie Ida Schöffling sagt. Den Erfolg erklärt sie sich mit einer ganz speziellen Beziehung: Katze und Buch gehören zusammen.
„Katzenleute sind literarisch interessierter als Hundeleute“, sagt Ida Schöffling. Das fange schon bei den Autoren an: „Es gibt mehr Autoren, die mit Katzen zusammenleben als mit Hunden.“ Katzenliebhaber seien „fauler“ und daher dem Lesen zugeneigter: „Ein Hund zwingt zum Rausgehen, eine Katze zwingt zum Sitzenbleiben.“
Noch vor wenigen Jahren waren Kalender eher in Kaufhäusern zu finden. Dann entdeckten die Buchhändler diese Warengruppe, mit der sich gut Verkaufsfläche füllen ließ - und deren Zielgruppe einen entscheidenden Vorteil hat: „Kalenderkäufer sind Wiederholungstäter“, wie eine Buchhändlerin in Frankfurt sagt. Ihre Kunden kaufen gern kleine Taschenkalender, von denen man denken könnte, sie seien inzwischen von elektronischen Kalendern abgelöst worden.
Das Gegenteil ist der Fall, sagt Anette Philippen, Geschäftsführerin des DuMont Kalenderverlags, der pro Jahr rund 300 verschiedene Kalender mit einer Gesamtauflage von einer Million Stück produziert. Besonders erfolgreich seien Familienplaner, „um die Fülle des Alltags zu strukturieren“ und hochwertige Fotokalender, „vielleicht, um sich seine Träume nach Hause zu holen“. Unternehmerisch seien Kalender ein großes Risiko und die Herstellung schwieriger als mancher denke, sagt Philippen: eine lange Vorfinanzierung, ein begrenzter Verkaufszeitraum und „mehr redaktioneller Aufwand als man sich vorstellt“. Das sei auch dem einen oder anderen Buchverlags-Kollegen nicht immer so ganz klar.
Als Stiefkind der Verlagsbranche sieht sich die Kalendermacherin aber nicht. „Was wir uns wünschen würden ist, dass unsere Produkte ein bisschen mehr Aufmerksamkeit in der Presse bekommen.“